# taz.de -- Millionen Menschen betroffen: Verseuchtes Ruhr-Trinkwasser
       
       > Im Ruhrgebiet fließt Chemie aus den Hähnen. In der Kritik steht der grüne
       > Umweltminister Johannes Remmel. Dabei sind es die Wasserwerke, die hohe
       > Kosten scheuen.
       
 (IMG) Bild: Trinkwasser aus der Ruhr? Nicht unbedingt zu empfehlen.
       
       BOCHUM taz | Im Streit um die Verseuchung des Trinkwassers aus der Ruhr
       wächst der Druck auf Nordrhein-Westfalens grünen Umweltminister Johannes
       Remmel. Die zu großen Teilen von Remmels Koalitionspartner SPD gesteuerten
       Wasserwerke werfen dem Umweltminister vor, Investitionen in dreistelliger
       Millionenhöhe zu blockieren. Damit sei Remmel dafür verantwortlich, dass
       bei Millionen Menschen im östlichen Ruhrgebiet Wasser aus den Hähnen
       fließe, dass mit giftigen und möglicherweise krebserregenden Chemikalien
       belastet sei, schreiben die WAZ-Zeitungen.
       
       Tatsächlich fließt in der Ruhr, aus deren Uferfiltrat das Trinkwasser
       gewonnen wird, auch sechs Jahre nach der Affäre um die Vergiftung durch
       vermutlich krebserregende perflourierte Tenside (PFT) noch immer ein ganzer
       Chemikaliencocktail - dabei hätte der PFT-Skandal schon Remmels
       CDU-Vorgänger Eckhard Uhlenberg beinahe sein Amt gekostet. Trotzdem
       transportiert der Fluss Stoffe aus der Komplexchemie wie
       Ethylendiamintetraessigsäure, aber auch Röntgenkontrastmittel,
       Antidepressiva und Flammschutzmittel - im Jahr zum Teil tonnenweise.
       Außerdem landen täglich noch immer bis zu 250 Gramm PFT in der Ruhr.
       
       Nachzulesen ist das im Expertenbericht zum Programm "Reine Ruhr", den
       Remmels Umweltministerium am vergangenen Freitag dem Düsseldorfer Landtag
       vorgelegt hat. Der grüne Minister fordert darin die massive Aufrüstung der
       Trinkwasserwerke an der mittleren Ruhr, wo Städte wie Dortmund oder Bochum
       versorgt werden. Nötig sei der teure Einsatz von sogenannter Ozonierung und
       anschließender Festbett-Aktivkohle-Filtration - schließlich dient der Fluss
       nicht nur zur Abwasserentsorgung etwa von Fabriken der Metallindustrie,
       sondern auch von über 80 kommunalen Kläranlagen.
       
       Auch an der mittleren Ruhr könne die nötige Aufrüstung schon längst laufen,
       kontert jetzt die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige
       Aufsichtsbehörde, die von dem ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten Gerd
       Bollermann geführt wird. Schon 2010 war Remmel ein Vertrag mit den
       Wasserwerken präsentiert worden, der der taz vorliegt. Vorgesehen ist darin
       eine schrittweise Nachrüstung bis 2017 - gebilligt hat das der Minister
       nicht. "Jeder Tag ist ein verlorener Tag", zitiert die WAZ aus einem
       Schreiben Bollermanns an den Minister.
       
       ## Von acht Wasserwerken mussten zwei nicht nachrüsten
       
       Doch Remmel wehrt sich: Völlig unzureichend sei die Vereinbarung, ist aus
       seinem Umfeld zu hören. Von acht Wasserwerken seien zwei überhaupt nicht
       zur Nachrüstung verpflichtet worden. Inakzeptabel sei, den restlichen sechs
       eine "Schonfrist" bis 2017 zu gewähren. Außerdem fehle die
       Rechtsverbindlichkeit - die Versorger hätten noch immer gegen die
       Nachrüstung klagen können.
       
       Unwahrscheinlich ist das nicht: Experten schätzen die Kosten auf mindestens
       180 Millionen Euro. Treffen würde das vor allem den Hauptversorger
       Gelsenwasser - doch der gehört zu über 90 Prozent den Stadtwerken der von
       Sozialdemokraten regierten Städte Dortmund und Bochum. Und auf deren klamme
       Haushalte würden fehlende Gelsenwasser-Gewinne sofort durchschlagen. Remmel
       geht trotzdem auf Konfrontationskurs zu seinem Koalitionspartner SPD.
       
       In einer ersten Version dieses Textes war im Bild fälschlicherweise die
       Emscher und nicht die Ruhr zu sehen. Wir bitten dies zu entschuldigen.
       
       5 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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