# taz.de -- Facebook-Statistik: Soundtrack für Verliebte
       
       > Facebook hat eine Statistik mit Liedern für Verliebte veröffentlicht. Die
       > Liste ist so aussagekräftig wie die meisten Daten aus dem sozialen
       > Netzwerk.
       
 (IMG) Bild: Wer Liebeskummer hat, hört andere Musik als Frischverliebte. Welch Erkenntnis!
       
       Die virtuelle Pinnwand des Facebook Data Teams ist eine sehr unregelmäßig
       aktualisierte Plattform für die Präsentation statistischer Daten, die in
       den Profilen hunderter Millionen Benutzer gesammelt wurden. Pünktlich zum
       Valentinstag nun findet sich beim Data Team eine [1][Doppelliste], welche
       den Zusammenhang zwischen Beziehungsstatus und Musikvorlieben deutlich
       machen soll.
       
       Die erste Liste präsentiert die Top Ten für laut Status frisch Verliebte,
       die zweite jene für gerade Getrennte. Wenig überraschend hören himmelhoch
       jauchzende Menschen eher froher Liebeslieder, während die zu Tode betrübten
       traurigeres Material bevorzugen. Auffällig ist, dass ausnahmslos alle 20
       Stücke aktuelle Popsongs von erfolgreichen Popstars sind.
       
       Das also ist die Information, die aus dem veröffentlichten Datenmaterial zu
       ersehen ist: Millionen von Menschen hören Musik, die bekanntermaßen von
       Millionen von Menschen gehört wird, und passen die konkretere Auswahl ihrer
       jeweiligen Stimmungslage an. Wer hätte das gedacht? Mit den anderen
       Statistiken des Facebook Data Teams verhält es sich ähnlich: Das
       Offensichtliche wird mit erdrückend umfangreichem Datenmaterial belegt.
       
       So lernen wir, dass es nur weniger Zwischenschritte bedarf, um die
       Verbindungen zwischen zwei beliebigen Menschen im Onlinenetzwerk
       herzustellen, oder auch, dass Menschen vornehmlich den Kontakt zu etwa
       gleichaltrigen aus dem selben Kulturkreis stammenden Personen suchen.
       Sensationell.
       
       Die bislang einzige Untersuchung, die anderes als Gewissheiten zu Tage
       gefördert hat, ist die über die Verbreitung von Informationen im Netzwerk.
       Da finden sich Indizien, dass die so genannte [2]["Echo-Chamber-Theorie"]
       widerlegt werden könne. Die besagt, dass Online-Nutzer nur Kontakt zu
       Menschen mit ähnlichem Weltbild haben und deshalb ihre Meinungen immer nur
       bestätigt, nie aber herausgefordert sehen. Sie befinden sich gewissermaßen
       in kleinen Kammer, deren Wände nur Echos der eigenen Position zurückwerfen.
       Oder eben grade nicht – darüber können sich die Empiriker jetzt die Köpfe
       zerbrechen.
       
       ## Abbildung des Mainstreams
       
       Das Problem der meisten Facebook-Statistiken ist offensichtlich ihr Umfang.
       Die jeweiligen Ergebnisse präsentieren Durchschnittsnutzer, die immer
       wieder nur den Mainstream abbilden können. Alles auch nur leicht abseitige
       muss dabei marginalisiert werden. Dabei geht es nicht nur um kleinste
       Interessengruppen und eine Handvoll Individualisten: Leicht können auch
       Millionen Menschen in einer Statistik verschwinden, deren Sample 800
       Millionen Menschen umfasst.
       
       Was entsteht, ist eine riesige Echo-Kammer, in der Marketingexperten und
       Facebook-Spezialisten immer nur ihre eigenen Kampagnen gespiegelt bekommen.
       Die Masse mag, was die Masse kauft; und das ist das jeweils am frischesten
       Beworbene. Was in einer Facebook-Statistik auftaucht, kann niemals "the
       next big thing" sein. Es ist zwangsläufig bereits das gerade aktuelle große
       Ding. Das ist selbstverständlich nicht der Untergang des Abendlandes.
       
       ## Der "richtige" Soundtrack im Ohr
       
       Wer in Freud und Leid versucht, auch den "richtigen" Soundtrack im Ohr zu
       haben, kann sich mithilfe der Listen des Facebook Data Teams die
       entsprechenden Playlisten zusammenstellen. Die Millionen Individualisten da
       draußen werden auch weiterhin noch andere lohnende Jahrgänge in der
       Musikgeschichte finden als 2010-2012 und andere Chartpositionen als die
       ersten zehn, um was zum Lachen oder Weinen zu haben.
       
       Vom Data Team wünscht man sich derweil einen anderen Umgang mit den
       Statistiken. Dynamische Abbildungen, wie jene über die Verbreitung von
       Informationen sagen nun mal viel mehr über die Funktionsweise des
       Netzwerkes aus als die kleinen feiertagsnah präsentierten Momentaufnahmen
       ohne weiteren Erkenntniswert.
       
       14 Feb 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.facebook.com/notes/facebook-data-team/lovebirds-or-heartbreak-top-valentines-day-playlists-on-facebook/10150560271528859
 (DIR) [2] http://www.slate.com/articles/technology/technology/2012/01/online_echo_chambers_a_study_of_250_million_facebook_users_reveals_the_web_isn_t_as_polarized_as_we_thought_.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
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