# taz.de -- EU und USA erkennen Ökostandards an: Bio ist künftig auch organic
       
       > Die EU und die USA haben vereinbart, ihre Ökostandards wechselseitig
       > anzuerkennen. Nur Äpfel, Birnen, Fleisch und Wein sind ausgenommen.
       
 (IMG) Bild: Nicht vergleichbar: Die Standards für Äpfel und Birnen.
       
       BREMEN taz | Es ist eine kleine agrardiplomatische Sensation: Auf der
       Biofach in Nürnberg unterzeichnen Kathleen Merrigan, stellvertretende
       Agrarministerin der USA, und EU-Kommissar Dacian Ciolos ein Abkommen. Mit
       ihm werden die Bio-Standards der beiden Partner als gleichwertig anerkannt.
       Und beide Seiten sprechen von einer "historischen Erklärung".
       
       Merrigan ist eine Ikone der amerikanischen Ökobewegung und klarer Gegenpol
       zu ihrem Monsanto-nahen Chef Tom Villsack. Auch zu den erklärten Zielen des
       Rumänen Ciolos gehört die Förderung der Biolandwirtschaft. Das scheint auch
       die Voraussetzung fürs Abkommen gewesen zu sein. Denn schon vor zehn Jahren
       hatte man einschlägige Verhandlungen aufgenommen - aber die USA hatten sie
       2004 abgebrochen. Dann herrschte Funkstille. Erst ab 2009, zwei Jahre nach
       Inkrafttreten der neuen, strengeren EU-Verordnung, hat man die Sache erneut
       in Angriff genommen.
       
       Die Vereinbarung bedeutet Bürokratieabbau: Bislang mussten sich
       exportierende Landwirte zwei Antrags- und Prüfverfahren unterziehen, das
       war umständlich und ziemlich teuer. Ungewiss ist indes der Umfang der
       Auswirkungen - weil ja auf beiden Seiten die Güter fehlen, die
       handelserleichtert ausgeführt werden könnten. Die Nachfrage nach
       Bioprodukten ist in den USA wie in der EU größer als das Angebot.
       
       Und auch wenn Merrigan das Abkommen als "großen Gewinn für Präsident Obamas
       Strategie für Beschäftigung" bezeichnet, ist doch zweifelhaft, ob die
       Ökolandwirtschaft jemals als Jobmotor funktionieren wird: So sind allein in
       Großbritannien in den vergangenen fünf Jahren zwei Drittel der
       Organic-Bauern ins konventionelle Fach zurückgewechselt. Und auch in
       Deutschland brauche man "jetzt 10.000 neue Biobetriebe", wie Felix zu
       Löwenstein, der Vorstand des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft,
       mitteilte. Voraussetzung dafür sei aber ein "Politikwechsel".
       
       Laut Ciolos wird auch "die Transparenz von Biostandards erhöht" durch das
       Abkommen. Vor allem durch die Ausnahmen, die es formuliert. Denn das
       National Organic Programm (NOP) und die EU-Verordnung Nr. 834/2007 sind
       inhaltlich nah beisammen. Aber in drei Punkten wäre die
       Äquivalenz-Anerkennung ein fauler Kompromiss gewesen. So bleiben US-Äpfel
       und -Birnen ausgeschlossen, weil auch Ökos dort den bakteriellen Feuerbrand
       mit den Antibiotika Streptomycin oder Tetracyclin bekämpfen dürfen.
       
       ## Hört sich gut an, schmeckt aber fies
       
       Unter umgekehrten Vorzeichen gilt das auch fürs Fleisch. Denn das NOP legt
       hier eine strikte Null-Toleranz-Linie fest, die EU-Verordnung nicht: Im
       Krankheitsfalle lässt sie "chemisch-synthetische Tierarzneimittel
       einschließlich Antibiotika" zu - um "Leiden der Tiere zu vermeiden". Ein
       edles Motiv. Aber letztlich geht es eher darum, dass Ökomäster viel höhere
       Kosten haben - und ihre Tiere im Hochpreissegment loswerden wollen. In den
       USA zählt der Kundenwunsch mehr, mit dem schönen Öko-Bratensaft garantiert
       keine Rückstände einer auch noch so tierfreundlichen Chemotherapie zu
       schlürfen.
       
       Die direktesten Folgen hat das Abkommen aber beim Wein, der dritten
       Ausnahme. Denn für Biowein hatte die EU bislang keine Regeln. Als solcher
       wird hier alles gehandelt, was man aus Biotrauben gepresst hat - egal was
       der Kellermeister zusetzt. Laut NOP darf aber nur sulfitfreier Wein als
       organic gelten - was sich gut anhört, aber fies schmeckt. Vergangene Woche
       hat die EU-Kommission darauf reagiert, um "die Position europäischer
       Bioweine gegenüber Ländern mit Richtlinien" zu stärken. Ab der Lese 2012
       verbietet nun eine Verordnung Biowinzern das Schwefeln, untersagt den
       Sorbinsäure-Einsatz - und definiert einen Sulfitgrenzwert, der 50
       Milligramm unter dem von konventionellem Wein liegt.
       
       14 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lebensmittelwirtschaft
       
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