# taz.de -- Türkischer Nachrichtendienst MIT: Geheimdienstler als Zuträger der PKK
       
       > Mit der Weitergabe von Informationen an Kurdenorganisation habe er der
       > Terrorabwehr des Staates geschadet: Dieser Vorwurf trifft ausgerechnet
       > den Nachrichtendienst MIT.
       
 (IMG) Bild: Türkische Polizei bei einer Demonstration zum Jahrestag der Verhaftung von PKK-Chef Abdullah Öcalan am Mittwoch in Istanbul.
       
       ISTANBUL taz | Chaos, Bananenrepublik und andere wenig schmeichelhafte
       Attribute werden in diesen Tagen von fast allen türkischen Zeitungen
       bemüht, um einen bislang beispiellosen Zusammenstoß zwischen politischer
       Staatsanwaltschaft und Geheimdienst zu beschreiben.
       
       Erstmals in der Geschichte des mächtigen türkischen Nachrichtendienstes MIT
       flatterten Ende vergangener Woche dem Chef des Geheimdienstes, Hakan Fidan,
       und drei weiteren ehemaligen oder aktiven hohen Geheimdienstleuten
       Vorladungen der Staatsanwaltschaft ins Haus. Diese wollte sie nicht als
       Zeugen, sondern als Beschuldigte in dem KCK-Prozess hören.
       
       KCK ist das Akronym des türkischen Sicherheitsapparats für eine angebliche
       kurdische Dachorganisation der PKK, ihrem zivilen Arm sozusagen. Dessen
       Mitglieder wären dabei, eine "terroristische Parallelstruktur" zum Staat in
       den kurdischen Gebieten des Landes aufzubauen.
       
       Seit fast zwei Jahren wurden unter der Beschuldigung, KCK-Mitglied zu sein,
       rund 4.000 kurdische Aktivisten, darunter kommunale Funktionäre der
       kurdischen BDP, aber auch türkische Intellektuelle, Journalisten und
       Verleger verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, im Auftrag der PKK den
       türkischen Staat zu unterwandern. Jetzt sollte auch die Spitze des
       Geheimdienstes, den man an zentraler Stelle bei der Bekämpfung der PKK
       gewähnt hatte, zur KCK gehören?
       
       Die Medien stehen Kopf, in der Regierungszentrale in Ankara läuteten die
       Alarmglocken. Statt der Vorladung zu folgen, marschierte MIT-Chef Hakan
       Fidan zu Staatschef Abdullah Gül und Premier Tayyip Erdogan.
       
       ## Konflikt schwelt weiter
       
       Der Istanbuler Sonderermittler im KCK-Verfahren, Sadrettin Sarikaya, ließ
       sich jedoch nicht einschüchtern. Er übergab zwar das Verfahren gegen Fidan
       an die Staatsanwaltschaft in Ankara, doch gleichzeitig ließ er die
       Wohnungen des Ex-MIT-Chefs Emre Taner und dessen Stellvertreterin Afet
       Günes durchsuchen und schickte seine Suchtruppe noch in die
       MIT-Niederlassung in Istanbul. Der Vorwurf: Bei geheimen Gesprächen, die
       der MIT mit der PKK geführt habe, sollen die Geheimdienstler der PKK
       Informationen gegeben haben, die der Terrorabwehr des Staates schwer
       geschadet hätten.
       
       Wohlgemerkt: Die Gespräche, die der MIT in den letzten Jahren sowohl mit
       dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan sowie mit hochrangigen
       PKK-Vertretern geführt hat, fanden im Auftrag von Premier Erdogan statt.
       Bereits 2011 waren Infos über die Gespräche in Oslo in die Öffentlichkeit
       gelangt. Das dürfte mit dazu geführt haben, dass der Versuch, im Dialog mit
       der PKK die Kurdenfrage zu lösen, scheiterte.
       
       Der übereifrige Sonderstaatsanwalt Sarikaya wurde zwar am Wochenende von
       dem Verfahren abgezogen und die Regierung will ein Gesetz durchpeitschen,
       dass den MIT vor juristischen Nachstellungen schützen soll. Doch der
       Konflikt schwelt weiter. Der Grund liegt in der Natur der
       Sonderstaatsanwaltschaften und Sondergerichte, die bereits 2004 zur
       Terrorbekämpfung eingerichtet wurden.
       
       Diese mit nahezu unbeschränkten Vollmachten ausgestatteten Sonderermittler
       haben seitdem Tausende Verdächtige unter dem Vorwurf, sie seien in die
       Unterstützung des Terrors verstrickt, verhaftet. Nachdem Exgeneralstabschef
       Ilker Basbug als vermeintlicher "Terrorist" verhaftet wurde, führt das
       System sich mit der Beschuldigung der Geheimdienstspitze endgültig ad
       absurdum.
       
       16 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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