# taz.de -- Papoulias attackiert Schäuble: "Ich akzeptiere es als Grieche nicht"
       
       > Der Ton in Athen wird rauer. Auch herrscht scheinbar Uneinigkeit zwischen
       > Merkel und Schäuble in der Griechenland-Frage. Beide wollen aber die
       > hellenische Euro-Mitgliedschaft erhalten.
       
 (IMG) Bild: Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias fragte spitz:"Wer ist denn Herr Schäuble?"
       
       ATHEN/BERLIN/MÜNCHEN dpa/dapd | Zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und
       Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) zeichnet sich offenbar ein
       Dissens über den richtigen Weg zur Rettung Griechenlands ab.
       
       Während Schäuble nach Angaben aus Koalitionskreisen eher zu einer Lösung
       tendiere, bei der sich Athen förmlich für insolvent erklärt, wäre dieser
       Schritt aus Merkels Sicht zu riskant, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
       Einig seien sich beide darin, dass Griechenland Euro-Mitglied bleiben
       sollte.
       
       Schäuble habe nach den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre kaum noch
       Hoffnung, dass die Griechen die vereinbarten Spareinschnitte umsetzen
       werden. Selbst wenn dies gelänge, wäre 2020 die Schuldenlast gemessen an
       der Wirtschaftsleistung mit voraussichtlich gut 120 Prozent immer noch viel
       zu hoch.
       
       Merkel kann dem Bericht zufolge zwar Schäubles Analyse in weiten Teilen
       folgen, nicht aber der Schlussfolgerung. Sie hält es dem Vernehmen nach für
       möglich, dass eine Pleite Griechenlands eine Schockwelle auslösen könnte,
       die auch Länder wie Spanien und Italien unter sich begräbt und zum Ende der
       Währungsunion führt.
       
       Währenddessen steigt in Griechenland die Hoffnung auf eine baldige
       Auszahlung weiterer Milliardenhilfen. "Die Ampel steht in der Phase von
       gelb auf grün", titelte die Athener Zeitung Ta Nea am Donnerstag.
       Allerdings traten Brüssel und Berlin auf die Euphorie-Bremse. Es gebe noch
       offene Fragen, etwa wie die Umsetzung der griechischen Sparzusagen
       kontrolliert werden könne.
       
       ## Griechen fühlen sich bevormundet
       
       Der monatelange Poker um Sparauflagen und verbindliche Zusagen hat tiefe
       Spuren hinterlassen. Die Griechen fühlen sich bevormundet - von Deutschland
       und den anderen reichen Euroländern. Der griechische Staatspräsident
       Karolos Papoulias griff den Bundesfinanzminister scharf an, das
       Boulevardblatt Eleftheros Typos schrieb von einer "Junta Schäuble".
       
       Papoulias polterte: "Ich akzeptiere es als Grieche nicht, dass mein Land
       von Herrn Schäuble beleidigt wird." Der 82-Jährige fügte hinzu: "Wer ist
       denn Herr Schäuble, der Griechenland beleidigen kann. Wer sind denn die
       Niederländer, wer sind die Finnen?"
       
       Seine Äußerungen fielen am Mittwoch während eines Mittagessens mit der
       Führung der Streitkräfte des Landes und wurden am Donnerstag in der
       griechischen Presse veröffentlicht. Schäuble hatte mehrfach betont,
       Griechenland dürfe kein Fass ohne Boden werden, und im Gegenzug für Hilfen
       strenge Kontrollen gefordert.
       
       Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wies den Angriff auf Schäuble
       mit deutlichen Worten zurück. "Eine derartige Kritik an Deutschland und an
       den deutschen Verhandlungsführern können wir nicht akzeptieren", sagte er.
       Er warnte die griechische Staatsspitze zugleich vor einer Eskalation der
       Debatte und rief zur Rückkehr zu einem sachlichen Ton auf.
       
       ## Geteile Meinungen
       
       Auch Unions-Politiker verwahrten sich gegen die Attacke: "Dafür habe ich
       überhaupt kein Verständnis. Das ist ein neuer negativer Höhepunkt der
       Kritik an Deutschland und anderen stabilitätsorientierten Ländern in der
       Eurozone", sagte CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach dem Sender N24.
       
       Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, zeigte
       Verständnis für den Ausbruch von Papoulias. "Niemand sollte von oben herab
       die Griechen, die in den vergangenen Wochen schmerzhafte Einsparungen
       vorgenommen haben, belehren oder demütigen", sagte Schulz dem Berliner
       Tagesspiegel.
       
       Ähnlich äußerte sich der Euro-Skeptiker der FDP, Frank Schäffler. "Die
       Politik, die wir die letzten zwei Jahre machen, ist sehr oberlehrerhaft.
       Wir wollen die Griechen zu ihrem Glück zwingen. Aber sie müssen das am Ende
       selbst wollen und können. Und daran sieht man, dass eben diese
       Rettungsschirmpolitik nicht funktioniert", sagte Schäffler dem
       Nachrichtensender N24 mit Blick auf die Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM.
       
       Die Europäische Zentralbank (EZB) will nach Informationen der Welt den Weg
       für den seit Monaten umstrittenen griechischen Schuldenschnitt ebnen. Wie
       die Tageszeitung am Donnerstag unter Berufung auf informierte Kreise
       berichtet, tauschen die nationalen Notenbanken des Euro-Systems bis zum
       Montag ihre griechischen Anleihen gegen neue Anleihen Griechenlands. Die
       EZB gab dazu keinen Kommentar ab.
       
       ## Entscheidung über neues Hilfspaket steht an
       
       Für kommenden Montag hatte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker eine
       endgültige Entscheidung der Euro-Finanzminister über das neue, 130
       Milliarden Euro schwere Hilfspaket zugunsten Athens angekündigt. Parallel
       wird damit gerechnet, dass Griechenland nach monatelangem Gezerre das
       Angebot zum Anleihetausch für die privaten Gläubiger präsentiert.
       
       Davon erhofft sich das Euro-Sorgenkind eine Verringerung des Schuldenbergs
       um 100 Milliarden Euro. Früheren Angaben von Athens Finanzminister
       Evangelos Venizelos zufolge wurde bei den Verhandlungen gefordert, dass
       auch die EZB mit ins Boot kommt. Sie hatte 2010 mit dem Ankauf griechischer
       Anleihen begonnen und ist damit zu einem der größten Einzelgläubiger
       geworden.
       
       Der Welt zufolge wird die Tauschaktion mit der EZB so abgewickelt, dass für
       sie und die nationalen Notenbanken ein Gewinn anfällt. Genaue Details
       wurden nicht erläutert. Führende Notenbanker hatten zuletzt immer wieder
       betont, dass eine Beteiligung am Anleihetausch nicht in Frage komme, wenn
       damit Verluste anfielen. Denn dies würde einer direkten Staatsfinanzierung
       gleichkommen, die von den EZB-Statuten verboten wird.
       
       Unterdessen verlieren die Griechen zunehmend das Vertrauen in die beiden
       großen Parteien, die die Regierung von Staatschef Lucas Papademos stützen.
       Das ergab eine repräsentative Umfrage des Athener
       Meinungsforschungsinstituts VRPC im Auftrag der Zeitschrift Epikaira - mit
       Blick auf die für April geplanten Neuwahlen.
       
       ## Noch offene Punkte
       
       Demnach würden die Sozialisten nur noch fünftstärkste Kraft mit elf Prozent
       der Stimmen werden (2009: 44 Prozent). Den Konservativen, die als stärkste
       Kraft aus der Umfrage hervorgingen, würde es nicht gelingen, allein eine
       Regierung zu bilden. Sie kämen auf 27,5 Prozent (2009: 34 Prozent). Sie
       wären auf Koalitionspartner angewiesen. Die - allerdings untereinander
       zerstrittenen - linken Parteien kämen zusammen auf 43,5 Prozent.
       
       Die Bundesregierung sieht im Gezerre um das neue Hilfsprogramm noch offene
       Punkte, wie aus Regierungskreisen verlautete. Dies betreffe etwa die Frage,
       wie die Umsetzung des Programms für Griechenland überwacht werden könne und
       wie der Schuldenabbau etwa durch ein Treuhandkonto Vorrang habe.
       
       Griechenlands Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis traut seinem Land
       in fünf Jahren die Trendwende zu. "Wir strengen uns sehr an, das Land zu
       verändern, zu reformieren, zu erneuern", sagte Chrysochoidis vor
       Journalisten in Frankfurt. "Kritiker überall in Europa werfen uns vor,
       Griechenland führe keine Reformen durch. Das ist nicht wahr", betonte der
       Minister. Er versicherte zugleich: "Es gibt keine anti-deutsche Stimmung in
       Griechenland. Es gibt keine Probleme mit Deutschen und Deutschland in
       Griechenland."
       
       17 Feb 2012
       
       ## TAGS
       
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