# taz.de -- Kommentar Israels Wehrpflichtreform: Orthodoxer Kulturkampf
       
       > Israels Ministerpräsident muss ein Gesetz ausarbeiten, das orthodoxe
       > Juden zur Wehrpflicht zwingt. Nur mit einem Trick wird er seine Koalition
       > retten können.
       
       Das werden sich die Ultraorthodoxen keinesfalls bieten lassen. Dass nun
       alle rund 70.000 frommen Thora-Schüler Ende August zum Dienst in der
       israelischen Armee antreten werden, ist unwahrscheinlich.
       
       Dennoch ist das Urteil des Obersten Gerichtshofs bahnbrechend. Es hebt die
       Privilegierung einer religiösen Minderheit innerhalb der israelischen
       Gesellschaft auf und verlangt von der Politik, ein Gesetz für den Dienst in
       der Armee zu schaffen, das eine weitgehende Gleichbehandlung aller Bürger,
       zumindest der jüdischen, garantiert. Das dürfte noch für gewaltigen
       politischen Zoff sorgen.
       
       Die ultranationalistische Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu steht
       vor einer schweren Zerreißprobe. Ihre Mehrheit beruht nämlich auf den 16
       Abgeordneten der strengreligiösen Parteien Schas und Vereinigtes
       Thora-Judentum. Treten diese aus der Regierung aus, weil sie mit der
       Neufassung des Gesetzes nicht einverstanden sind, hat Netanjahu keine
       Mehrheit mehr. Er müsste sich neue Koalitionspartner suchen oder
       vorgezogene Neuwahlen ausrufen. Möglich ist beides, wahrscheinlich aber
       nicht.
       
       Obwohl alle anderen Regierungskoalitionäre das Urteil des Obersten
       Gerichtshofes begrüßt haben, wird die Neufassung des Gesetzes keineswegs
       ähnlich schnell und eindeutig verlaufen. Netanjahu wird alles tun, um die
       Ultraorthodoxen nicht zu verprellen. Dafür wird er ganz tief in die
       Trickkiste greifen. Und er kann sich relativ sicher sein, dass seine
       Koalitionspartner ihm da nicht allzu laut widersprechen werden.
       
       Vielleicht werden ein paar der Strenggläubigen mehr einen "nationalen
       Dienst" leisten müssen. Ganz sicher aber müssen die Ultraorthodoxen nicht
       damit rechnen, dass die Militärpolizei die frommen Schüler in die Armee
       presst. Diesen Kulturkampf wird diese Regierung nicht ausfechten.
       
       22 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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