# taz.de -- CSU-Politikerin Dagmar Wöhrl und das Netz: „Ich habe lang E-Mails ausgedruckt“
       
       > Früher konnte Dagmar Wöhrl wenig mit dem Internet anfangen. Doch
       > inzwischen nutzt sie es als Gegenöffentlichkeit, wenn sie sich von Medien
       > ungerecht behandelt fühlt.
       
 (IMG) Bild: „Ohne Vorurteile das Neue annehmen“: Dagmar Wöhrl mit 3D-Brille.
       
       taz: Im Spiegel der vergangenen Woche ist [1][ein Artikel über Sie]
       veröffentlicht worden, der fand, Sie hätten sich auf einer Reise durch
       Myanmar und Laos „zum Fremdschämen“ benommen. Sie haben noch vor
       Veröffentlichung reagiert und in Ihrem Blog [2][sehr detailliert Stellung
       bezogen]. In der Form haben Politiker das Netz bisher selten genutzt. 
       
       Wöhrl: Als die Fragen des Spiegel gegen 21 Uhr letzten Donnerstag in meinem
       Büro eintrafen, wurde mir schnell klar, in welche Richtung diese
       Berichterstattung gehen sollte. Früher wäre für mich die einzige
       Möglichkeit gewesen, im Nachhinein eine Gegendarstellung zu verlangen. Aber
       kennen Sie jemanden, der jemals eine Richtigstellung gelesen hat? Das Kind
       ist dann normalerweise schon in den Brunnen gefallen.
       
       Jetzt habe ich die Möglichkeit, meinen eigenen Standpunkt zu publizieren.
       Also habe ich mich entschieden, Transparenz und Offenheit zu schaffen und
       alle Informationen und Dokumente in diesem Zusammenhang auf meiner Homepage
       zu veröffentlichen. So kann sich jeder einen Eindruck machen, welche Fragen
       mir gestellt wurden und was für ein Artikel dann daraus wurde.
       
       Nach der Veröffentlichung nahmen Sie noch [3][ein zweites Mal Stellung]... 
       
       Als ich dann am Sonntag online den Artikel las, war ich schon überrascht,
       dass meine Antworten so gut wie keine Berücksichtigung in einem Artikel
       gefunden haben, der sich ausschließlich mit meiner Person beschäftigt. Es
       schien, als wäre ein Urteil gefällt worden, bevor die Angeklagte gehört
       wurde. Besonders interessant ist, dass bei den meisten „Begebenheiten“,
       über die so detailreich und schillernd berichtet wird, keine Journalisten
       anwesend waren.
       
       Es gab viel [4][Zuspruch für Sie] auf Blogs und bei Twitter. Hat Sie die
       Unterstützung überrascht? 
       
       Auf jeden Fall. Ich bin schon ein gewisses Risiko eingegangen, ich hatte
       keine Ahnung, wie die Menschen reagieren würden. Es gibt dazu ja noch nicht
       wirklich Erfahrungswerte. Bis jetzt wurden Politiker von Wellen aus dem
       Netz meistens an Land und aus der Politik gespült. Ich hatte nun das Glück,
       für ein paar Tage auf einer Welle reiten zu dürfen und wie Sie sehen,
       schwimme ich noch in Berlin. Ein Follower bei Twitter schrieb mir, dass
       dies kein Shitstorm sei, sondern ein Flauschstorm (#hach).
       
       Sie haben mal von sich gesagt, nicht von Anfang an online-affin gewesen zu
       sein, und dass Sie Ihre Öffnung gegenüber dem Internet vor allem einem
       verdanken: Twitter. Warum? 
       
       Ich bin relativ spät digitalisiert worden und gebe auch zu, dass ich lange
       zu den Menschen gehörte, die Emails ausdruckten. Dann hatte ich mir ein
       Smartphone besorgt und damit begann auch das Twittern. Langsam und mit
       Neugier habe ich Twitter für mich entdeckt und so tolle Menschen
       kennengelernt, auch oder vor allem über Parteigrenzen hinweg, mit denen ich
       wohl sonst nie in Kontakt gekommen wäre. Ich kann bei Twitter keine
       Grundsatzrede halten, aber es schadet nicht, auch für mich selbst, den Kern
       einer Botschaft herauszuarbeiten.
       
       Wie hat Ihre Präsenz online Ihre politische Arbeit verändert? 
       
       Eigentlich fast nur positiv. Ich bekomme viel schneller direktes Feedback,
       aber auch Kritik. Ich kann bei Recherchen für meine politische Arbeit
       schnell an Informationen kommen und so von überall aus arbeiten. Da meine
       Follower und Facebook-Freunde über alle Parteien verstreut sind, bekomme
       ich meist ein ganz gutes Gespür für die Stimmung und Meinungen zu
       bestimmten Themen. Das wäre früher in der Form nicht möglich gewesen. Wir
       sind inzwischen ein gutes Team.
       
       Social Media kann auch zu einer besseren, schnelleren und vor allem
       differenzierteren Meinungsbildung beitragen, allerdings führen die neuen
       Kommunikationsmittel auch zu einer Verdichtung und Beschleunigung des
       politischen Alltags. Man muss schneller reagieren. Da kommt es auch mal zu
       Fehlern, muss man dann halt selbst für Entschleunigung sorgen.
       
       Ihr Parteifreund Ansgar Heveling hat der „Netzgemeinde“ den Krieg erklärt.
       Fühlen Sie sich mit angegriffen? 
       
       (Wöhrl lacht) Sagen wir es so: Ich habe mich insoweit angegriffen gefühlt,
       dass ich es für geboten hielt, mir einmal [5][in einem Kommentar
       grundlegende Gedanken] zu meiner Beziehung, dem Verhältnis von CDU und CSU
       und der Politik im Allgemeinen zum Netz zu machen. Der digitale Bruch in
       unserer Gesellschaft geht quer durch die Bevölkerung und alle
       Altersgruppen. Aber wie immer im Leben hilft es wenig, Vorurteile zu
       bedienen.
       
       Ich weiß, es ist oft schwieriger den Blick einmal über den Tellerrand zu
       werfen, aber nach all meinen Jahren in der Politik weiß ich, dass es dort
       in der Regel viel zu entdecken gibt. Ich würde mir einfach wünschen, dass
       wir uns mit Neugier, Offenheit und ohne Vorurteile des Neuen annehmen.
       
       2 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.dagmar-woehrl.de/standpunkt/statements/shopping-mit-vip-service-aus-der-spiegel-92012/
 (DIR) [2] http://www.dagmar-woehrl.de/standpunkt/statements/die-wildsau-im-blatterwald-meine-gegendarstellung/
 (DIR) [3] http://www.dagmar-woehrl.de/standpunkt/statements/spiegelplag-schuldig-im-sinne-des-anklagers/
 (DIR) [4] http://search.rivva.de/?q=Dagmar+W%C3%B6hrl+%2F1w+%2Fblogs
 (DIR) [5] http://www.dagmar-woehrl.de/standpunkt/statements/its-the-internet-stupid/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frédéric Valin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Cnetz: Die Rückkehr der Internetausdrucker
       
       Die Mitglieder des Cnetz sind netzverständiger als es sich manch
       ultraliberaler Netzaktivist wünscht. Aber sie schaffen einen Ausgangspunkt
       für einen Dialog.
       
 (DIR) Neue CDU-Gruppe für Netzpolitik: Das dicke Digitalbrett
       
       Die Unionsparteien haben ihre Mühe mit der Netzpolitik. Doch nun gibt es
       einen neuen Verein: Das CNetz könnte es schaffen zugleich konservativ und
       technikpositiv zu sein.
       
 (DIR) Aufklärungsspiel „Data Dealer“: Daten ticken
       
       Das Spiel „Data Dealer“ will darüber aufklären, wie schnell online die
       Kreditwürdigkeit ruiniert ist. Und dass kostenlose Dienste im Netz
       persönliche Infos kosten.
       
 (DIR) Netzaktivisten gegen Politiker: Internet, wir müssen reden
       
       Ein CDU-Hinterbänkler beschimpft martialisch die kritische Öffentlichkeit
       des Internets. Könnte man als Idiotie abtun, wenn nicht mehr
       dahinterstecken würde.
       
 (DIR) Kommentar zum Kulturkampf im Netz: Konterrevolution und Schützenfest
       
       Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling hat eine Kritik der
       Netzgemeinde geschrieben. Voller Untergangspoesie, kampfesmutig – und
       Widerspruch weckend.
       
 (DIR) CSU auf Facebook: I like Seehofer!
       
       Horst Seehofer hat "unzählige" Freunde bei Facebook, an seinen letzten Post
       kann er sich aber nicht erinnern. Andere CSUler haben nicht mal eine
       E-Mail-Adresse.