# taz.de -- Editorial Syrien: Syrien und die deutsche Öffentlichkeit
       
       > In Syrien sollen die Oppositionellen in Homs ausgerottet werden. Während
       > Journalisten anderer Länder sich ins Land trauen, trinken deutsche
       > Reporter Tee mit dem Diktator.
       
 (IMG) Bild: Satellitenaufnahme von Baba Amr, Homs.
       
       Homs brennt. Assad-loyale Truppen richten derzeit ein Gemetzel in der
       syrischen Protesthochburg an. Nach wochenlanger Belagerung und
       Panzerbeschuss gehen sie mit einer Bodenoffensive gegen Deserteure und
       Widerstandskämpfer in Quartieren wie Bab al-Amr vor. Es soll kein Stein auf
       dem anderen bleiben, die Ausrottung der oppositionellen Bevölkerung ist das
       Ziel.
       
       Die Welt schaut dabei zu, wie in Homs Menschen sterben, junge Mädchen, alte
       Männer, Mütter, Söhne, Kinder. Für Politik und Öffentlichkeit ist es
       unendlich schwierig, aus dem, was wir erfahren, Konsequenzen für das
       Handeln abzuleiten. Das liegt auch daran, dass es derzeit nur unter
       Lebensgefahr möglich ist, objektive Informationen aus Syrien zu bekommen.
       
       Erst in der vergangenen Woche wurden mit der Reporterin Marie Colvin und
       dem Fotografen Rémi Ochlik zwei herausragende JournalistInnen getötet. Sie
       haben ihr Leben gegeben, weil sie nicht davon ablassen wollten, mit eigenen
       Augen und Ohren zu bezeugen, was sich tatsächlich abspielt auf dem
       Schlachtfeld von Homs. Unabhängige Augenzeugen soll es nach dem Willen des
       Regimes in Damaskus nicht geben. Syrische Bürgerjournalisten sowie die
       wenigen heldenhaft im Untergrund agierenden ausländischen Reporter sind
       deshalb bevorzugte Mordziele.
       
       Deutschlands Medien halten sich im Vergleich zu anderen sehr zurück, wenn
       es darum geht, sich direkt hineinzubegeben in die gefährliche Wirklichkeit.
       Stattdessen versuchen immer wieder selbst ernannte Experten, aus sicherer
       Distanz oder gar auf Einladung des Despoten den öffentlichen Diskurs zu
       Syrien in Deutschland zu prägen.
       
       In einem Beitrag für die taz empört sich der syrische Exilschriftsteller
       Rafik Schami über diesen „Prominenz-Journalismus“ von Leuten wie Peter
       Scholl-Latour und Jürgen Todenhöfer. Sie reisen nach Syrien, sind zum Tee
       mit dem Diktator verabredet und schreiben nach der Rückkehr syrische
       Staatspropaganda. „Längst ist nicht mehr sicher, wer in Syrien mehr
       Zivilisten tötet – die staatlichen Sicherheitskräfte oder die Rebellen“,
       behauptete Jürgen Todenhöfer jüngst. Das kommt der Apologie für ein
       mörderisches Regime gleich.
       
       Rafik Schami schäumt ob dieses Zugangs. Er lädt uns ein, seinem
       Selbstgespräch beizuwohnen. Er bezeichnet seine zornigen Zeilen als eine
       Intervention. So will auch die taz die folgenden Seiten verstanden wissen.
       Als Intervention, die uns zum Nachdenken bringen soll – über Syrien und
       auch darüber, wie die deutsche Medienwelt funktioniert.
       
       2 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Fanizadeh
 (DIR) I. Pohl
       
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