# taz.de -- Menschenrechtlerin über Song Contest: „Ich lehne einen Boykott ab“
       
       > Die prominente Menschenrechtlerin Arsu Abdullajewa fordert die Künstler
       > auf, beim ESC in Baku vor ihrem Auftritt zu erklären, dass sie für die
       > Demokratie singen.
       
 (IMG) Bild: Kein Spaß in Baku: Demonstrieren.
       
       taz: Frau Abdullajewa, angesichts der Menschenrechtsverletzungen und
       Demokratiedefizite in Aserbaidschan wird in Deutschland immer wieder ein
       Boykott des Eurovision Song Contest (ESC) diskutiert. Macht ein Boykott
       Sinn? 
       
       Arsu Abdullajewa: Ich lehne einen Boykott des ESC ab. Der ESC ist doch
       nicht nur eine Veranstaltung der Machthaber, sondern er ist ein Feiertag
       für alle Menschen in Aserbaidschan. Jetzt gilt es, die Aufmerksamkeit, die
       unser Land dank des Wettbewerbs erhält, für demokratische Veränderungen zu
       nutzen. Wir Menschenrechtler machen das.
       
       Wir rufen die Teilnehmer des ESC auf, von der aserbaidschanischen Regierung
       die Freilassung aller politischen Gefangenen vor dem Musikwettbewerb zu
       fordern. Der ESC gibt uns eine gute Plattform für unsere Forderungen nach
       Demokratie, Rechtsstaat und Freilassung aller politischen Gefangenen. Wir
       müssen wegkommen von unserer derzeitigen Pseudodemokratie zu einer echten
       Demokratie.
       
       Was planen aserbaidschanische Menschenrechtler im Vorfeld der Eurovision
       konkret? 
       
       Zahlreiche Gruppen haben sich zu dem Bündnis „Eurovision ohne politische
       Gefangene“ zusammengeschlossen. Wir werden uns an Regierungen,
       Gesellschaften und Musiker der Länder wenden, die eine Delegation zum ESC
       senden, und sie um Unterstützung und Zusammenarbeit bitten. Wir erwarten
       von euren Regierungen, Zivilgesellschaften, Bundestagsabgeordneten einen
       gemeinsamen Einsatz mit uns für demokratische Veränderungen im Vorfeld der
       Eurovision.
       
       Nein, die Möglichkeiten, die uns der Eurovision Song Contest bietet, dürfen
       wir wirklich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wir wünschen uns sehr,
       dass jede Sängerin und jeder Sänger beim Auftritt und in Interviews von
       sich aus das Thema „Demokratie“ und „politische Gefangene“ in Aserbaidschan
       anspricht.
       
       Bisher steht noch nicht fest, ob sich auch Armenien an dem Wettbewerb
       beteiligen wird. Man könne doch nicht in einem Land auftreten, in dem
       armenienfeindliche Einstellungen staatliche Politik seien, begründeten
       jüngst 25 armenische KünstlerInnen ihre Forderung nach einem Boykott des
       Wettbewerbs. 
       
       Ich würde es sehr bedauern, wenn die Armenier wirklich die Eurovision
       boykottieren würden. Die armenischen Künstler begründen ihre Forderung mit
       dem jüngsten Vorfall, als ein armenischer Soldat an der
       Waffenstillstandslinie getötet wurde. Doch seit Abschluss des
       Waffenstillstandes 1994 gab es immer wieder Vorfälle, bei denen Armenier
       und Aserbaidschaner ihr Leben verloren haben. Kürzlich ist ein
       aserbaidschanisches Kind durch ein Spielzeug getötet worden, das einen
       Sprengsatz enthielt.
       
       Ich denke, eine Teilnahme Armeniens ist auch eine Chance für bessere
       Beziehungen zwischen Armeniern und Aserbaidschanern. Jedenfalls, und hier
       vertraue ich unseren Behörden, wird die Sicherheit der armenischen
       Delegation gewährleistet sein. Menschenrechtsgruppen nutzen den ESC auch,
       um zu zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung Aserbaidschans friedliebend
       ist. So planen wir auch die Aktion „Ein Licht für den Frieden“, mit der wir
       der Weltöffentlichkeit zeigen wollen, dass wir eine militärische Lösung des
       Konflikts ablehnen.
       
       4 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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 (DIR) Schwerpunkt Eurovision Song Contest
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