# taz.de -- Parlamentswahl in der Slowakei: Gorilla-Affäre überschattet Urnengang
       
       > Mehrere Regierungsparteien in der Slowakei sorgen sich wegen einer
       > Korruptionsaffäre um den Einzug ins Parlament. Der Sieger steht schon
       > fest.
       
 (IMG) Bild: Demonstration in Bratislava gegen korrupte Politiker.
       
       PRAG taz | Der Slowakei steht bei der Wahl am Samstag ein politisches
       Erdbeben bevor. Die seit fast einem Jahrzehnt dominierende konservative
       SDKU muss um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. In jüngsten Umfragen
       schaffte es die durch einen Korruptionsskandal geschwächte Partei nur knapp
       über die Fünfprozenthürde.
       
       Hoffnungen auf einen Wahlsieg darf sich dagegen die linke, proeuropäische
       Smer machen. 40 Prozent sprachen sich zuletzt für die Partei des ehemaligen
       Ministerpräsidenten Robert Fico aus, der eine Stärkung des Wohlfahrtsstaats
       und höhere Steuern für Reiche angekündigt hat. Auch die absolute Mehrheit
       ist nicht ausgeschlossen.
       
       Für die Euroländer dürfte das beruhigend sein, denn Smer gilt als klarer
       Befürworter der Gemeinschaftswährung. Die SDKU-geführte Regierungskoalition
       von Ministerpräsidentin Iveta Radicova war dagegen im Oktober an einem
       Streit über die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF zur Unterstützung hoch
       verschuldeter Eurostaaten wie Griechenland zerbrochen.
       
       Vor allem steht die Abstimmung im Zeichen der „Gorilla-Affäre“. Im Dezember
       gelangten Geheimdokumente mit dem Code-Namen „Gorilla“ an die
       Öffentlichkeit, die enge Verwicklungen zwischen Spitzenpolitikern und
       Geschäftsleuten belegen.
       
       Der Fall schlug so hohe Wellen, dass im vergangenen Monat Zehntausende
       verärgerte Slowaken auf die Straßen zogen. Viele vermuten, das ganze Ausmaß
       der Korruption sei noch gar nicht bekannt. Das hat zu großer
       Politikverdrossenheit geführt. Laut einer vorige Woche veröffentlichten
       Erhebung wollen nur 22 Prozent zur Wahl gehen.
       
       ## Hartes Sparprogramm
       
       Während die gewählten Hüter des slowakischen Staates seine Pfründe
       verramschten, muteten sie der Bevölkerung ein hartes Sparprogramm zu, das
       die slowakische Wirtschaft ankurbeln sollte: Einheitssteuern,
       Mehrwertsteuererhöhung, Renten und Sozialreformen.
       
       Es sind vor allem Auslandsinvestitionen, angelockt von der liberalen
       Atmosphäre, der 15-prozentigen Flat-Tax und dem schnellen Eurobeitritt der
       Slowakei 2009, die die Wirtschaft bis heute auf Trab halten. Doch all das
       ist inzwischen vergessen.
       
       „Der Räuberkapitalismus der vergangenen 20 Jahre hat seinen Zenith
       überschritten“, argumentiert der ehemalige stellvertretende Chefredakteur
       der slowakischen Tageszeitung Pravda. „Aber danach muss nicht unbedingt
       etwas Positives kommen, wie Janukowitschs Ukraine und Orbans Ungarn ja
       gezeigt haben“, meint Lubos Palata.
       
       Der lachende Dritte, der jetzt aus dem Klüngel zwischen Politik und
       Wirtschaft hervorgeht, ist Robert Fico. Schon in den Jahren 2006 bis 2010
       stand er einer Regierungskoalition vor, die Wahlen 2010 gewann Fico zwar
       deutlich, musste aber mangels Koalitionspartner auf die Oppositionsbank
       ziehen.
       
       ## Neue Parteien noch zu unbekannt
       
       Während die etablierten konservativen Parteien, die SDKU, die
       Christdemokraten, die „Freiheit und Solidarität“ von EU-Rebell Richard
       Sulik und die Partei der ungarischen Minderheit Most/Hid vom Wähler
       abgewatscht werden dürften, sind die neuen Parteien, die sich im Laufe der
       Gorilla-Affäre gegründet haben, noch zu unbekannt, um Fico wirklich Paroli
       bieten zu können.
       
       Wie der seine Macht nutzen wird, bleibt abzuwarten. Journalist Palata ist
       skeptisch. Er glaubt, dass eine unkontrollierte Regierung Fico das Land in
       eine patriarchialische Richtung führen wird.
       
       „Möglich, dass wir uns eines Tages mit einer Träne im Auge an die Zeiten
       erinnert werden, in denen zwar der Staat ausgenommen wurde wie eine
       Weihnachtsgans, die uns aber das Gefühl gaben, in Freiheit zu leben“, warnt
       der Chefredakteur der Pravda.
       
       9 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Mostyn
       
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