# taz.de -- Nord-Süd-Stromtrasse bis 2015 ausgebaut: Tennet unter Spannung
       
       > Durch den Ausbau der ersten Nord-Süd-Stromautobahn könnte zusätzlicher
       > Strom von den Windparks an der Nordsee in den Süden transportiert werden.
       > Trotz Fortschritten drohen Verzögerungen.
       
 (IMG) Bild: Bei Netzbetreiber Tennet herrscht derzeit ein stressiges Arbeitsklima. Man muss die Netze an Land ausbauen und gleichzeitig die Windparks auf See anschließen.
       
       DORTMUND/BAYREUTH dpa | In Deutschland soll 2015 die erste dringend
       benötigte Nord-Süd-Stromautobahn ausgebaut sein. Dann könnte eine 380.000
       Kilovoltleitung zusätzlichen Strom von Windanlagen in der Nordsee bis in
       die großen Verbrauchszentren in den Süden transportieren.
       
       Die Trasse ist aber nur eine von vielen benötigten. Im Norden steht die
       Netzgesellschaft Tennet unter Druck. Sie muss die Netze an Land ausbauen
       und gleichzeitig die Windparks auf See anschließen. Dazu ist sie gesetzlich
       verpflichtet. Trotz einiger Fortschritte beim Leitungsbau an Land drohen
       Verzögerungen.
       
       Jahrzehnte hatten die Netzbetreiber, die damals noch zu den großen
       Versorgungskonzernen gehörten, wenig für den Ausbau getan. Teils war es
       auch nicht notwendig. Die Ausbaustufe der neuen, westlichen Trasse verläuft
       von Ostfriesland bis Koblenz am Rhein. Von dort aus führen bereits zwei
       Höchstspannungsleitungen tiefer in den Süden ins Rhein-Main-Gebiet mit
       Großabnehmern wie BASF und weiter nach Baden-Württemberg zu den
       Autoindustrien.
       
       Die Netzgesellschaft Amprion, zuständig für westliche Teile Deutschlands,
       kann den Netzausbau entspannter angehen. Sie steht nicht wie Tennet unter
       dem Druck der Offshore-Anbindungen. Schon beim ersten Beschluss zum
       beschleunigten Atomausstieg von 2002 hatte Amprion, damals noch RWE
       zugehörig, den Netzausbau geplant.
       
       ## Im Winter wurde es eng
       
       Allerdings steht auch die verkaufte RWE-Tochter nach dem schnellen
       Abschalten von sieben Atommeilern unter Druck. An den kalten Wintertagen
       wurde es bei allen vier Netzbetreibern eng. Vor allem im Süden fehlt nach
       der ersten AKW-Stilllegungsrunde Energie.
       
       Konventionelle Kraftwerke sind dort Mangelware, weil es schon immer
       günstiger war, Kohlekraftwerke dort zu bauen, wo die Kohle ankommt oder
       gefördert wird: an der Küste oder im Ruhrgebiet, heißt es beim
       Netzbetreiber Amprion in Dortmund. Dazu kommen noch ein paar Tausend
       Megawatt aus dem Braunkohlerevier im Großraum Köln.
       
       Derzeit sind es nicht einmal die Offshore-Windparks, die den vielen Strom
       im Norden produzieren. An Land drehen sich schon Tausende Windräder. Die
       Bauern seien dort geradezu begeistert von Windenergie, hatte der kürzlich
       aus dem Amt geschiedene Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, gesagt.
       
       Deshalb bleibt es auch nicht beim Ausbau der Westtrasse mit dem Herzstück
       Meppen - Koblenz. In der Planung ist der Ausbau einer weiteren Verbindung
       rund 100 Kilometer weiter östlich. Sie führt an Bremen vorbei nach
       Nordrhein-Westfalen und läuft dann durch das Ruhrgebiet Richtung
       Frankfurt/Main.
       
       ## Behörden verlangen teure Erdkabel
       
       Die Fertigstellung erwartet Amprion etwa 2020. Die 380 KV-Leitungen müssen
       auch nicht völlig neu in die Landschaft gebaut werden. An den meisten
       Stellen können alte Masten und Leitungen durch neue, leistungsstärkere
       ersetzt werden. Tennet will noch nicht sagen, wann der eigene Anteil an der
       Trasse Bremen - Ruhrgebiet - Frankfurt fertiggestellt sein könnte.
       
       Der Netzbetreiber, der das Höchstspannungsnetz im Nordseeraum und einen
       Korridor bis Bayern betreibt, ist zurückhaltender. Die Behörden verlangen
       von Tennet, dass ein Teil der Strecke Richtung NRW über teure Erdkabel
       gebaut wird. Dagegen wehrt sich Tennet vor Gericht.
       
       Ein weitere Projekt liegt noch weiter östlich. Dort ist eine
       Nord-Süd-Trasse vom Raum Hannover aus ins mittlere Hessen geplant. Weil für
       die kommenden Jahre im Norden zahlreiche Windparks auf See und an Land und
       wohl auch noch Kraftwerke entstehen sollen, schauen die Netzbetreiber noch
       weiter in die Zukunft.
       
       Im nächsten Jahrzehnt wollen sie drei weitere Stromautobahnen bauen, zwei
       in Nord-Süd-Richtung, eine von Ost nach West. Im Osten ist 50Hertz dafür
       zuständig, auch für den Anschluss von Ostseewindparks. Der östliche
       Netzbetreiber will bis 2020 noch eine Lücke im Ost-West-Netz schließen.
       Eine 210 Kilometer lange Leitung soll von Sachsen-Anhalt über Thüringen
       nach Bayern führen.
       
       Die größten Probleme plagen Tennet an der Nordsee. Windparks sollen auf See
       wie Pilze aus dem Boden schießen. Der Netzbetreiber hat aber kaum die
       Kapazität, alle so schnell anzuschließen, wie sie entstehen sollen. Auch
       braucht er Geldgeber, die die Milliardeninvestitionen mittragen. Tennet
       wartet jetzt auf Erleichterungen durch den Gesetzgeber. Bis Jahresende soll
       außerdem ein nationaler Bedarfsplan für Klarheit sorgen, was für die
       Energiewende Priorität hat.
       
       13 Mar 2012
       
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