# taz.de -- Hörbuch 50 Jahre Sportschau: Wohltuend unaufgeregt
       
       > Zum 50. Geburtstag gönnt sich die Sportschau ein Hörbuch. Darin kehren
       > kurzweilig und informativ große Namen und kleine Versprecher zurück.
       
 (IMG) Bild: Alexander Grimm ist nicht glücklich über Faßbenders Kanuslamutenzungenbrecher.
       
       Muss man sich tatsächlich humorlos heruntergelesene
       Bundesliga-Spielberichte aus den 70er Jahren antun? Muss man Dieter Bohlens
       Casio-Keyboard-Sound beim „Sportschau“-Jingle von 1987 tatsächlich auf der
       heimischen Couch hören? Muss man sich das rhetorische Schwergewicht
       Hans-Joachim Rauschenbach, bis 1990 Sportreporter der ARD, zu Gemüte
       führen?
       
       Ja, man muss. Man kann es sogar genießen. Und es führt dazu, die
       samstagabendliche „Sportschau“ völlig neu zu begreifen: als künstlerische
       und kulturelle Avantgarde.
       
       Das fällt nicht schwer beim Hören des zum 50-jährigen Bestehen der Sendung
       erschienenen Hörbuchs „Oh, wie bist du schön“. Die Produktion ist weit
       entfernt davon, bloße Nostalgie zu sein. Denn neben 50 Jahren
       Sportkulturgeschichte wird hier auch Show- und Mentalitätsgeschichte
       erzählt.
       
       Den Autoren Christian Bärmann und Martin Maria Schwarz ist es dabei zu
       verdanken, dass das Hörbuch – mit der ARD als Koproduzentin – nicht zur
       belanglosen Selbstbeweihräucherung verkommen ist. Selbst Sprecher Steffen
       Simon, als Sportkommentator oft schwer erträglich, verliest die Geschichten
       angenehm episch.
       
       ## Wunderbare Präsenz von Randsportarten
       
       In zehn Episoden greifen die Autoren wichtige bis legendäre Charakteristika
       der „Sportschau“ auf: vom Tor des Monats bis zur DFB-Pokal-Auslosung in der
       Sendung, von Adi Furler bis zu Netzer und Delling, von den popkulturellen
       Highlights der Begrüßungsmelodie bis zur wunderbaren Präsenz von
       Randsportarten in frühen Tagen.
       
       Man erfährt, wie Curling nach Deutschland kam. Oder wie die Anmut im
       Standardtanz sich auf die geschmeidige Moderation überträgt. Das ist
       genauso unterhaltsam wie – unvermeidlich – die Missgeschicke der
       Kommentatoren und die der Sendungsleitung.
       
       Eher lehrreich als unterhaltsam ist es, wie die ARD mit den Vereinen um
       Senderechte ficht (mit einer Transparenz, die man sich heute auch so
       wünschen würde). Oder wie die „Sportschau“ später – zu Zeiten, als die
       Privaten die Senderechte hatte – nur unbewegte Bilder von einigen Spielen
       zeigen durfte.
       
       ## Charmanter Dilettantismus
       
       Man bekommt eine Idee, was das Format „Sportschau“ so erfolgreich werden
       ließ. Dazu gehörten in der Frühzeit charmanter Dilettantismus und
       weitestgehende Ironiefreiheit genauso wie die volle, unbedingte
       Konzentration auf den Sport.
       
       Heute mag es die Schnittmenge aus Unterhaltung und Sportberichterstattung
       sein, die überzeugt. Noch nervt die „Sportschau“ nicht annähernd wie die
       Übertragungen auf Sport1. Immer noch rollt der Ball mehr, als dass
       geplaudert wird – wie man es von einem öffentlich-rechtlichen Format
       durchaus erwarten darf.
       
       Bis Anfang der Neunziger, das zeigt dieses Hörbuch, war die
       Sportberichterstattung noch kaum Teil der Unterhaltungsindustrie. Und wenn
       – eher unfreiwillig. Ein schlechtes Fußballspiel war zu dieser Zeit einfach
       ein schlechtes Fußballspiel. Ein solches durfte man auch mal gelangweilt
       bis angeödet kommentieren, man musste nicht gleich Spieler, Trainer und den
       Profifußball per se in Frage stellen. Diese Unaufgeregtheit ist wohltuend.
       
       Genauso fällt auf, dass Interviews noch nicht so redundant waren wie sie
       heute zum Teil sind. Die Spieler und Verantwortlichen hatten noch keine
       Rhetoriktrainer und Souffleure, es ging authentischer zu. Bisweilen kann
       man die Interviews sogar als richtige Gespräche bezeichnen. Der
       Interview-Klassiker – Völler vs. Hartmann – ist natürlich auch dabei.
       
       In Teilen ist „Oh, wie bist du schön“ sogar meditativ: Sich in
       Deutschlandfunk-Manier die Ergebnisse eines beliebigen Spieltags der
       Hallenhandball-Bundesliga oder die Zahlen der Lotterie „Spiel 77“, damals
       noch fester Bestandteil der Sendung, verlesen zu lassen, ist fast schon
       Tiefenentspannung.
       
       Die billigsten Reflexe aber funktionieren auch bei diesem Hörbuch am
       besten: Der Versprecher von Heribert Faßbender, der in einem Kraftakt aus
       „Kanuwen“ erst „Slalumkanuten“ werden lässt, um dann das Wort
       „Kanuslamuten“ zu schöpfen, ist großes Hörkino. So sind sie eben, die
       großen Avantgardisten: einfach und genial.
       
       „Oh, wie bist du schön! - Das Beste aus 50 Jahren Sportschau“, Hörverlag
       2012
       
       22 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Uthoff
 (DIR) Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
       
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