# taz.de -- Kommentar Homosexuelle Flüchtlinge: Gebremstes Engagement
       
       > Wenn es darum geht, Flüchtlingen aus Ländern mit schwieriger
       > Menschrechtslage Asyl zu gewähren, werden die Zustände dort von deutschen
       > Gerichten beschönigt.
       
       Als Guido Westerwelle noch als Wahlkämpfer unterwegs war, sorgte er mit
       einem Stern-Interview für Aufsehen. Sollte er Außenminister werden, tönte
       er da, dann würde er all jenen Staaten die Entwicklungshilfe streichen, die
       Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelten „oder wo Männer und Frauen
       hingerichtet werden, nur weil sie homosexuell sind“. Das war ein Versuch,
       Sympathiepunkte bei Schwulen, Lesben und FeministInnen zu sammeln.
       
       Und es stimmt ja: Deutschland und Europa sollten mit gutem Beispiel
       vorangehen und zeigen, dass sie die Rechte von Menschen, die aufgrund ihrer
       sexuellen Orientierung verfolgt werden, ernst nehmen. Für Dünkel gibt es
       dabei wenig Grund: Bis vor zwanzig Jahren war Homosexualität selbst in
       EU-Staaten wie Nordirland, Irland und Zypern noch strafbar, und die volle
       Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben steht noch immer aus.
       
       Für Westerwelle wäre es da ein Leichtes gewesen, sich dafür einzusetzen,
       dass Flüchtlinge aus Ländern, in denen sie aufgrund ihrer sexuellen
       Orientierung verfolgt werden, hierzulande leichter Asyl bekommen. Doch
       leider hat sein Engagement stark nachgelassen.
       
       Westerwelles billiger Populismus folgt einem bekannten Muster: Wenn es
       darum geht, gegenüber anderen Ländern Muskeln zu zeigen, aus welchen
       Gründen auch immer, dann wird die Lage der Menschenrechte dort in den
       schwärzesten Farben gemalt; das gilt für den Iran wie aktuell für Syrien.
       Wenn es aber darum geht, Flüchtlingen aus diesen Ländern Asyl zu gewähren,
       dann werden die Zustände dort von deutschen Gerichten und der Regierung
       beschönigt und relativiert.
       
       Diesen Widerspruch aufzulösen fällt vielen Politikern schwer. Doch
       Konsequenzen müssen sie selten fürchten. Denn im Zweifelsfall bringt es
       Politikern mehr Applaus ein, aus sicherer Entfernung ein humanitäres
       Eingreifen in fernen Ländern zu fordern, als auf humanitäre Erleichterungen
       für Flüchtlinge vor Ort zu drängen.
       
       28 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar homosexuelle Asylbewerber: Am Ende bist du hetero
       
       Während die Gesellschaft heute offener mit Homosexualität umgeht, gibt es
       in den Amtsstuben und Gerichten noch immer eine homophobe Grundhaltung.
       
 (DIR) Politisches Asyl für Homosexuelle: „Ein Leben im Schatten des Rechts“
       
       Das Bundesamt empfahl der lesbischen Iranerin Samira G., „nicht mit ihrer
       Neigung zu provozieren“. Der Ugander Eric Bwire bekam nach langem Kampf
       Asyl.
       
 (DIR) Kaum politisches Asyl für Homosexuelle: Schutz unter Vorbehalt
       
       Homosexuelle erhalten in der EU nur selten politisches Asyl. Die Studie
       „Fleeing Homophobia“ zeigt, dass die Anträge nach klischeehaften Maßstäben
       beurteilt werden.