# taz.de -- Piraten entern Wirtschaft: Expedition Ausflug in fremde Gewässer
       
       > Piraten-Fraktionschef Andreas Baum spricht vor dem Berliner Kaufleute und
       > Industriellen Verein. Die klatschen höflich und erfahren, was es mit
       > "liquid feedback" auf sich hat.
       
 (IMG) Bild: Offene Türen: Piratenpartei dringt zu noblen Zirkeln vor.
       
       Blattgolden umrandet ist das Emblem am Rednerpult. „1879“ steht da, über
       130 Jahre alt ist der Wirtschaftsclub VBKI. Hinter dem Emblem steht am
       Mittwochmorgen im Ludwig-Erhard-Haus die personifizierte Moderne, das
       Hipste, was Politik derzeit zu bieten hat. Piraten-Fraktionschef Andreas
       Baum erklärt dem „Verein Berliner Kaufleute und Industrieller“ seine
       Partei.
       
       Baum war schon länger eingeladen, und es ist Zufall, dass sein Besuch auf
       den Erfolg der Saar-Piraten folgt und überregionales Interesse hervorruft:
       ARD, ZDF, SWR, alle wollen filmen, wie der eher konservative Verein mit dem
       neuen Phänomen umgeht.
       
       Um es vorwegzunehmen: Sie sind nett zu Baum, der mit Laptop statt
       Notizzetteln vor ihnen steht, in einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Piraten
       Schleswig-Holstein – Politik mit menschlichem Antlitz“.
       VBKI-Vizepräsidentin Petra Gothe, 56, entwickelt schier mütterliche Gefühle
       für den 33-Jährigen, fühlt sich an ihren eigenen Sohn erinnert. „Da schlägt
       mein Mutterherz höher, so viel Aufbruchstimmung, so viel guter Wille“,
       begeistert sie sich, als Baum eine gute Viertelstunde zur Frage „Die
       Piraten entern das Staatsschiff – wohin soll die Reise gehen?“ geredet hat.
       
       Sein Auftritt ist bemerkenswert souverän. Er gibt sich weder betont lässig,
       noch wirft er mit Netz-Vokabular um sich, noch dient er sich den Zuhörern
       an. Baum scheint einfach Baum, ein entspannt wirkender
       Industrieelektroniker, der seit Herbst die 15 Piraten im Parlament anführt.
       
       Das Publikum ist nicht auf Konflikt gepolt, so ungewohnt ihm die
       Piraten-Positionen zu Grundeinkommen, Förderstopp für die Deutsche Oper
       oder Meinungsbildung per „liquid feedback“ sein mögen. Ihr Interesse ähnelt
       dem an einem exotischen Tier, wie im nahen Zoo. So hören sie, wie Baum den
       jüngsten Vorstoß zur Deutschen Oper als Beispiel für den anderen Ansatz der
       Piraten herausgreift. Er richte sich nicht gegen Kultur, man wolle nur
       deutlich machen, dass die Förderung der Oper auf Kosten kleinerer Projekte
       gehe.
       
       Bliebe die Frage nach potenziellen Regierungsbeteiligungen. „Das ist eine
       Frage, die wir im Moment nicht beantworten können“, sagt Baum. „Das wäre
       auch ein Schnellstart, den die Partei nicht verkraften könnte und der sie
       zerlegen würde.“ Langfristig schließe man es aber nicht aus.
       
       Ein überraschendes persönliches Detail gibt Baum dann noch preis: Der
       Fraktionschef der so stark auf Computerkommunikation setzenden Piraten hat
       keinen Facebook-Account.
       
       29 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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