# taz.de -- Nach Scheitern der Schlecker-Auffanglösung: „Profil schinden“ auf Kosten der Frauen
       
       > 10.000 Kündigungen sind nach dem Scheitern der Auffanglösung am Freitag
       > verschickt worden. Die FDP steht aufgrund ihrer Rolle in der Kritk – und
       > rührt selbst die Werbetrommel.
       
 (IMG) Bild: Die FDP ist die böse Partei? Nicht doch. Jetzt inszeniert sie sich doch als Belegschaftsunterstützer-Partei.
       
       BERLIN dapd/dpa | Nach dem Scheitern einer Auffanglösung für die
       Schlecker-Beschäftigten durch die FDP flattern den etwa 10.000 Mitarbeitern
       des Konzerns die Kündigungsschreiben ins Haus. Nach Angaben von
       Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz wurden am Donnerstag die Briefe an 10.000
       Mitarbeiter verschickt. Vorausgegangen war ein zähes Ringen um die
       Finanzierung von Auffanggesellschaften über eine Bürgschaft der Länder für
       einen KfW-Kredit. In den Gesellschaften sollten die gekündigten Mitarbeiter
       betreut und weitervermittelt werden. Die FDP-geführten
       Wirtschaftsministerien aus Sachsen, Niedersachsen und Bayern verhinderten
       jedoch eine solche Lösung.
       
       Nach dem Scheitern der Verhandlungen streiten die Parteien über den Umgang
       mit den Beschäftigten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf der FDP
       Profilierungssucht vor. „Ich bin stinksauer auf die FDP. Auf dem Rücken der
       Schlecker-Frauen will sie unbedingt Profil schinden“, sagte
       SPD-Generalsekretärin Nahles am Donnerstagabend in der ARD-Sendung
       „Beckmann“. Die Entscheidung gegen eine Auffanggesellschaft erschwere zudem
       womöglich den Einstieg eines Investors bei der Drogeriemarktkette.
       
       Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) verteidigte die
       Entscheidung seiner Partei gegen eine Transfergesellschaft. „Geld für etwas
       auszugeben, dass nach gutachterlicher Einschätzung nicht funktioniert,
       macht keinen Sinn“, sagte der FDP-Politiker im Nordwestradio von Radio
       Bremen und dem NDR. Die Wirtschaftsprüfer hätten die Perspektiven des
       Unternehmens negativ beurteilt, außerdem habe der Insolvenzverwalter im
       Laufe der Gespräche die Liquiditätsplanungen des Unternehmens nach unten
       korrigiert. Bode betonte, kein Einzelhändler oder Existenzgründer hätte
       unter diesen Umständen eine Bürgschaft des Landes erhalten.
       
       ## „Dilettantisches Management“
       
       Die FDP rief die Politik dazu auf, bei Arbeitgebern im Einzelhandel die
       Werbetrommel für Schlecker-Mitarbeiter zu rühren. „Jedem Arbeitgeber muss
       klar sein, wie qualifiziert die Mitarbeiter von Schlecker sind und wie hart
       sie gearbeitet haben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
       Liberalen im Bundestag, Otto Fricke, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die
       Arbeitgeber, die derzeit im Einzelhandel 25.000 offene Stellen meldeten,
       hätten jetzt die Möglichkeit, schnell an qualifiziertes Personal zu
       gelangen. Der FDP-Haushaltsexperte begrüßte die Ablehnung einer
       Transfergesellschaft für die Schlecker-Mitarbeiter.
       
       FDP-Vize Birgit Homburger machte Baden-Württembergs Wirtschaftsminister
       Nils Schmid (SPD) für das Scheitern der Schlecker-Bürgschaft
       verantwortlich. „Schmid hat durch sein dilettantisches Management die
       Transfergesellschaft in den Sand gesetzt“, sagte sie. Die FDP trage keine
       Verantwortung.
       
       Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck zeigte sich entsetzt
       über das Nein der FDP zur Schlecker-Auffanggesellschaft. „Ich war heute so
       bitter wie schon lange nicht mehr in der Politik“, sagte der SPD-Politiker
       am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. In der Sache
       Schlecker sei es nicht um bares Geld, sondern um eine Bürgschaft gegangen.
       Eine Auffanggesellschaft hätte nicht nur den jetzt von Kündigung
       betroffenen Frauen Chancen eröffnet, sondern durch das Ausbleiben von
       Kündigungsschutzklagen und Abfindungsforderungen auch dem
       Insolvenzverwalter genutzt. Die FDP habe sich bei der Entscheidung über die
       Bürgschaft „so daneben benommen“, dass er sich für sie schäme, sagte Beck.
       
       Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich ebenfalls verärgert
       über den harten Kurs des Koalitionspartners FDP. Der CSU-Politiker sagte am
       Donnerstagabend im Bayerischen Fernsehen: „Das gehört eigentlich zu uns in
       Bayern, dass wir die Menschen nicht alleine lassen, sondern uns um ihr
       Schicksal kümmern.“ Er fügte hinzu: „Das wäre in diesem Fall verantwortbar
       möglich gewesen.“ Aber leider habe der bayerische Wirtschaftsminister
       Martin Zeil (FDP) nicht zugestimmt.
       
       Bayerns DGB-Chef Matthias Jena bezeichnete den Kurs der Staatsregierung in
       der Debatte über eine Bürgschaft für Schlecker als „Armutszeugnis“ für die
       schwarz-gelbe Koalition. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Seehofer
       seinem Wirtschaftsminister Zeil „nicht sagt, wo es langgeht“, sagte Jena.
       
       30 Mar 2012
       
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