# taz.de -- Dialogforum Fehmarnbelt: Wenn die Feigenblätter fallen
       
       > Initiativen kündigen Dialog mit der Politik auf: Dieser diene nur der
       > Ruhigstellung von Kritikern. Der Widerstand gegen das Tunnelprojekt in
       > der Ostsee soll in jedem Fall weitergehen.
       
 (IMG) Bild: Will "Betroffene zu Beteiligten machen", sagt er: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Juni 2011 beim Bürgerforum zur Fehmarnbelt-Querung.
       
       HAMBURG taz | Für Kerstin Fischer ist das Dialogforum Fehmarnbelt „nur eine
       Veranstaltung zur Ruhigstellung der Kritiker“ des größten Verkehrsprojekts
       in Norddeutschland. „Da werden wir nur weichgespült“, sagt die Sprecherin
       der Umwelt- und Naturschutzinitiative (UNI) in der Gemeinde Ratekau bei
       Lübeck. Weshalb die UNI aus der „Allianz gegen die Fehmarnbelt-Querung“
       aussteigt. Dieser Dachverband von elf Initiativen zwischen Hamburg und
       Fehmarn koordiniert den Widerstand entlang der Ausbaustrecke im
       südöstlichen Schleswig-Holstein.
       
       Die Allianz will weiter an dem Dialogforum teilnehmen, in dem seit Herbst
       vorigen Jahres Verbände und Interessengruppen über den Tunnel nach
       Skandinavien (siehe Kasten) und die Anbindung an Land debattieren. Als
       Lehre aus „Stuttgart 21“ eingerichtet hatten das Gremium
       Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und der schleswig-holsteinische
       Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU), geleitet wird es vom
       ehemaligen deutschen Botschafter in Dänemark, Christoph Jessen. „Wir wollen
       Betroffene zu Beteiligten machen“, hatte Ramsauer am 25. Juni 2011 bei
       einer Visite auf Fehmarn vor 400 kritischen Insulanern verkündet.
       Carstensen versicherte den Bürgern, sie könnten „über alles sprechen,
       worüber Sie wollen – aber der Bau der Querung steht nicht zur Disposition“.
       Es gehe „nur um das Wie, nicht um das Ob“, stellte auch Ramsauer klar.
       
       Eben das will UNI Ratekau nicht weitermitmachen: „Die Beteiligung am
       Dialogforum war ein Fehler“, sagt Fischer: „Wir können diesen Weg nicht
       weitergehen, wenn wir glaubwürdig bleiben wollen.“ Von einer Spaltung des
       Widerstandes aber könne keine Rede sein: „Das Ziel bleibt die Verhinderung
       der Fehmarnbelt-Querung – innerhalb und außerhalb der Allianz.“
       
       Vier der Initiativen haben sich jetzt auf einem Treffen für den Abbruch des
       Dialogs ausgesprochen, die Mehrheit wollte weitermachen. Auch das
       Aktionsbündnis auf der Insel Fehmarn, die Keimzelle des Widerstandes, will
       am heutigen Mittwoch über seinen Austritt entscheiden. „Es gibt viele Wege
       zum gemeinsamen Ziel“, sagt sein Sprecher Malte Siegert über
       Spaltungsgerüchte: „Getrennt marschieren und vereint schlagen macht uns
       nicht schwächer.“
       
       Siegert und sein Co-Sprecher Hendrick Kerlen hatten bereits vor Ostern
       ihren Rücktritt als Vertreter der Allianz im Dialogforum verkündet. Ihnen
       seien von Moderator Jessen Unterlagen vorenthalten worden, deshalb hätten
       sie „das Vertrauen in ihn verloren“. Darum wollten sie sich nicht länger
       „im Dialogforum an der Nase herumführen lassen“.
       
       Verärgert sind viele in der Allianz auch über das „Handbuch zur
       Bürgerbeteiligung“, das Ramsauer Ende März in Berlin präsentierte: Darin
       werden in einem „Werkzeugkasten“ die Methoden erläutert, wie „die
       Zustimmung von Bürgern zu Bauprojekten erhöht“ werden könne. Ausdrücklich
       wird das Dialogforum zum Fehmarnbelt als empfehlenswerter Ansatz genannt,
       „um eine Grundlage für eine Zustimmung der Bürger zum Vorhaben zu
       schaffen“. So werde „Bürgerbeteiligung zum Feigenblatt“, kritisiert
       Siegert.
       
       Das sieht Moderator Jessen anders, der den Rückzug der Initiativen
       „ausdrücklich bedauert“. Es sei „wichtig, dass das Forum von allen
       Teilnehmern gestaltet wird, von Kritikern genau so wie von Befürwortern“.
       Auch dürfe im Forum über das „Ob“ diskutiert werden, versichert Jessen. Auf
       der nächsten Sitzung im Mai stünden die Verkehrsprognosen auf dem
       Prüfstand, im Oktober werde über die juristischen Möglichkeiten gesprochen,
       eine im Staatsvertrag mit Dänemark enthaltene Ausstiegsoption bei
       Kostensteigerungen zu ziehen: „Ich bemühe mich, alle zusammenzuhalten“,
       sagt Jessen.
       
       Zumindest bis zur Landtagswahl am 6. Mai will Peter Ninnemann, Sprecher der
       Initiative gegen die Fehmarnbelt-Querung im Ostseebad Timmendorfer Strand,
       weiter mitmachen. Der SPD-Gemeinderat hofft auf einen Regierungswechsel und
       rot-grünen Rückenwind für die Kritiker. „Wir bleiben bei aller Skepsis
       zunächst im Dialogforum“, sagt Ninnemann, „nach der Wahl überlegen wir das
       neu.“
       
       10 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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