# taz.de -- Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger: Büßen für den verpassten Termin
       
       > Hartz-IV-Empfänger betrügen seltener, werden aber häufiger durch
       > Leistungskürzungen bestraft, berichtet die Arbeitsagentur. Meistens geht
       > es um versäumte Termine.
       
 (IMG) Bild: Wer nicht erscheint, wird sanktioniert.
       
       BERLIN taz |Die Jobcenter haben 2011 so viele Strafen gegen BezieherInnen
       des Arbeitslosengelds II („Hartz IV“) ausgesprochen wie nie zuvor. Die
       Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigt, dass 2011 insgesamt
       912.377 Sanktionen gegen Arbeitslose verhängt wurden. 2010 waren es
       829.375. Laut BA wurden damit im vergangenen Jahr 4,5 Prozent aller
       tatsächlich erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher gemaßregelt. 2010 waren es 4
       Prozent.
       
       Wird ein Bezieher von Arbeitslosengeld II sanktioniert, weil er
       beispielsweise ein Arbeitsangebot ablehnt, werden ihm sein Regelsatz oder
       auch seine Zahlungen für Unterkunft und Heizung schrittweise gekürzt
       werden. Im Schnitt lagen die monatlichen Kürzungen 2011 pro Kopf bei 115,99
       Euro. Der monatliche Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen
       beträgt 374 Euro.
       
       Bei der BA sieht man für die häufigeren Sanktionen zwei Gründe: „Dank
       besserer Konjunktur konnten wir 2011 mehr Jobs anbieten, die die
       Arbeitslosen ablehnen können“, sagte Frauke Wille, eine Sprecherin der BA,
       zur taz. Doch weitaus bedeutender sei, dass die „Automatisierung in den
       Jobcentern perfekter geworden ist“, so Wille. Soll heißen: Die
       JobcentermitarbeiterInnen sehen in ihrem Computer jetzt lückenloser, wenn
       ein Arbeitsloser unentschuldigt einem Termin fernbleibt. Fast immer wird
       dann automatisch eine Sanktion verhängt.
       
       Tatsächlich sind vor allem diese „Meldeverstöße“ zwischen 2010 und 2011
       gestiegen: Von 498.774 auf 582.253 Fälle. Kaum mehr geworden sind hingegen
       die Fälle, in denen Arbeitslosen das Geld gekürzt wurde, weil sie
       beispielsweise zu wenige Bewerbungen geschrieben haben. 2011 war das
       147.435 Mal der Fall, 2010 146.462 Mal. Ähnlich sah es aus, wenn
       Arbeitslose einen Job ablehnten oder eine Schulungsmaßnahme unterbrachen:
       Hier stiegen die Sanktionen zwischen 2010 und 2011 von 137.331 auf 138.312
       Fälle. Im langen Trend gibt es hier jedoch einen Rückgang um knapp 30
       Prozent: 2007 wurde deswegen noch 196.244 Mal bestraft.
       
       Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, forderte am
       Mittwoch erneut, das Sanktionssystem abzuschaffen. „Jede Leistungskürzung
       verletzt das Grundrecht des Betroffenen auf Existenzsicherung und
       gesellschaftliche Teilhabe“, sagte Kipping. Sie erinnerte daran, dass 2011
       rund 42 Prozent der Widersprüche gegen Sanktionen ganz oder zumindest
       teilweise erfolgreich waren. Die Grünen plädieren dafür, Sanktionen so
       lange auszusetzen, bis die Rechte der Arbeitslosen gestärkt wurden. Einen
       Grundbedarf für gesellschaftliche Teilhabe wollen aber auch sie nicht
       antasten. „Faire Spielregeln, eine gute Betreuung und passgenaue
       Weiterbildungsangebote sind das Erfolgsrezept für die Integration in den
       Arbeitsmarkt“, sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion,
       Brigitte Pothmer, am Mittwoch. Die Jobcenter bräuchten eine bessere
       Ausstattung mit Personal und Sachmitteln.
       
       Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
       Wohlfahrtsverbands, erinnerte daran, dass die meisten Arbeitslosen
       leistungsbereit seien. „Die ganz breite Mehrheit tut alles, um aus ihrer
       Situation heraus und wieder in Arbeit zu kommen.“ Die BA wies darauf hin,
       dass man nicht über Betrugsfälle spreche. Die seien zwischen 2010 und 2011
       von 177.500 auf 127.500 gesunken.
       
       11 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Völpel
       
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