# taz.de -- Umweltschützer warnen vor Schiffsabgasen: „Keine praktikablen Lösungen“
       
       > Kreuzfahrtriesen belasten mit einem massiven Partikelausstoß und hohen
       > CO2-Werten die Umwelt. Bemühungen die Schadstoffmenge zu reduzieren,
       > verlaufen eher schleppend.
       
 (IMG) Bild: Der deutsche Kreuzschifffahrtssektor ist mit zehn Prozent Marktanteil nach den USA und Großbritannien die Nummer Drei.
       
       BERLIN taz | Strahlend, weiß und sauber - dieses Image versucht die
       Kreuzschifffahrt auf ihren Werbebildern zu präsentieren. Doch die Branche
       ist noch immer alles andere als sauber. Laut neuen Berechnungen des
       Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) stößt ein Kreuzfahrtschiff mittlerer
       Größe täglich so viele Partikel aus, wie eine Millionen Autos und so viel
       CO2 wie 83.700 PKW.
       
       Immerhin: In der Öffentlichkeit setze langsam ein Sinneswandel ein, sagt
       Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte beim Nabu. Dazu trage im Wesentlichen die
       Berichterstattung über Sicherheitsrisiken der Schiffe nach der Havarie des
       Luxusliners Costa Concordia vor der italienischen Insel Giglio im Februar
       bei.
       
       Doch bei einer Bilanz ihrer Kampagne „Mir stinkt's! Kreuzfahrtschiffe
       sauber machen“ von 2011 machen die Umweltschützer am Freitag in Berlin vor
       allem eines klar: In Sachen Schadstoffreduktion geht der Wandel viel zu
       langsam. Der deutsche Kreuzschifffahrtssektor ist mit zehn Prozent
       Marktanteil nach den USA und Großbritannien die Nummer Drei. Und er wächst:
       2010 stiegen die Passagierzahlen um 20 Prozent auf fast 2 Millionen.
       
       ## Positives Beispiel Hapag Lloyd
       
       Während die Nabu-Experten leichte Verbesserungen bei den Umweltbemühungen
       der Kreuzschifffahrtsanbieter Hapag Lloyd und TUI-Cruises sehen, bewege
       sich Marktführer Aida gar nicht, sagt Oeliger. Der Anbieter weist die
       Vorwürfe zurück: „Seit 1990 haben wir unseren Treibstoffverbrauch um 70,7
       Prozent reduziert“, sagt eine Sprecherin. Im Bereich Abgasnachbereinigung
       gebe es bisher aber „keine praktikablen Lösungen“.
       
       Die Umweltschützer sehen das anders: Hapag Lloyd zeige, dass mehr möglich
       sei. Der Anbieter baut mit einem Stickoxidkatalysator an Bord seines
       Flottenzugangs MS Europa II den ersten Luxusliner mit Abgasnachbereiter.
       Die Umweltexperten fordern, die für PKW und LKW obilgatorischen
       Rußpartikelfilter auch für die Schifffahrt zu etablieren.
       
       „Das würde für die Aida Mar 500.000 Euro an Mehrkosten bedeuten“, sagt Axel
       Friedrich, ehemaliger Leiter der Abteilung Verkehr und Lärm im
       Umweltbundesamt. Er hat für den Nabu die Schadstoffwerte der
       Kreuzschifffahrt kalkuliert und sagt: „Es ist eine Unverschämtheit, dass
       der Anbieter das nicht macht, bei Gesamtkosten für den Luxusliner von 385
       Millionen Euro.“
       
       Es hängt noch mehr daran: Um Rußpartikelfilter verwenden zu können, müssten
       die Kreuzschifffahrtanbieter anderen Treibstoff verwenden: Maritim-Diesel.
       Bisher nutzen sie möglichst oft - etwa bei Fahrten auf hoher See und
       abseits von Schutzzonen - Schweröl als Treibstoff. Das Abfallprodukt aus
       der Industrie müsste an Land als Sondermüll entsorgt oder aufbereitet
       werden, es enthält enorme Mengen an Schwermetallen wie Blei und Zinn und
       vor allem Schwefel.
       
       ## Blei, Zinn und Schwefel
       
       Letzterer ist nach Angaben des Europäischen Parlaments jährlich für 50.000
       vorzeitige Todesfälle in europäischen Küstenregionen verantwortlich. Doch
       die Nutzung eines Rußpartikelfilters würde die Verwendung von Schweröl
       unmöglich machen. „Aber die Schifffahrt ist heute eine billige
       Entsorgungsmöglichkeit für industrielle Reste“, sagt Friedrich.
       
       Ein Instrument sind Emissions-Schutzgebiete und entsprechende Grenzwerte
       für die Schadstoffe in diesen Gebieten. Solche Richtlinien sind in der
       Schifffahrt wegen der extrem internationalen Ausrichtung nur auf
       übergeordneter Ebene sinnvoll. Das Problem: Um Grenzwerte festzulegen, muss
       sich eine Mehrheit der Mitglieder in der UNO-Institution International
       Maritime Organisation finden. Zudem haben die Länder, in denen die Schiffe
       registriert sind, ein Mitspracherecht.
       
       Mehr Wirkung hätten da Bilder wie die verzweifelten Versuche, das Schweröl
       von der havarierten Costa Concordia zu bergen. „Es werden noch einige
       Katastrophen passieren müssen, damit genügend öffentlicher Druck auf die
       Kreuzschifffahrt kommt“, sagt Oeliger.
       
       13 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karen Grass
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
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