# taz.de -- FC Bayern in der Champions League: Finale dahoam
       
       > Nach dem 2:1-Hinspielerfolg gegen Real Madrid wähnt sich der FC Bayern
       > München mit einem Bein im Finale. Geschenkt gibt es das jedoch nicht.
       
 (IMG) Bild: Unbestrittener Star des Spiels: Franck Ribéry.
       
       MÜNCHEN taz | Noch gibt es sie nicht, die Countdown-Uhr, aber lange kann es
       eigentlich nicht mehr dauern. Als die 22 Spieler vor dem Anpfiff des ersten
       Champions-League-Halbfinals durch den Torbogen mit der Aufschrift „Road to
       Munich“ (Straße nach München) schritten, waren es noch 32 Tage bis zum
       „Grande Finale“ in der Münchner Arena, dem Finale der Champions League.
       
       Lange Zeit schien dieses Wunschtraumziel für die Fans des FC Bayern sehr
       weit entfernt, erst recht nach der verkorksten Woche mit der Niederlage in
       Dortmund. Doch nach dem 2:1 gegen Real Madrid spricht nur noch wenig gegen
       die Countdown-Uhr, vielleicht gleich unter dem Rathausbalkon am
       Marienplatz. Den passenden Slogan dazu gibt es schon: „Finale dahoam“.
       
       Dass man es den Bayern nun tatsächlich zutraut, als erste Mannschaft
       überhaupt, die Königsklasse im eigenen Stadion zu gewinnen, liegt weniger
       am Hinspiel-Ergebnis gegen Real Madrid als an der Art, wie es zustande kam:
       mit Dortmunder Gier und Willen. Bayern-Coach Jupp Heynckes schwärmte danach
       geradezu: „Die Spieler haben alles umgesetzt, was ich angemahnt hatte, vor
       allem in Sachen Leidenschaft.“
       
       Wohl wahr: Sogar Mario Gomez warf seinen Astralkörper in der letzten
       Spielminute einfach mit Macht in die Flanke von Philipp Lahm. „Ich weiß gar
       nicht, mit was ich den Ball erwischt habe“, meinte der glückliche
       Torschütze. Es war schon sein zwölfter Treffer in der Königsklasse – und
       wohl sein wichtigster. Gomez sagte: „In der 90. Minute das Siegtor zu
       machen, ist voll geil.“
       
       ## Zurechtgeträumt und doch fast wahr
       
       Das Projekt Entzauberung, Reals Entzauberung, ist auf einem guten Weg und
       nahm an diesem mitreißenden Fußball-Abend zwischenzeitlich Formen an, die
       sich Bayern-Fans zuvor wohl nur zurechtgeträumt hatten. In dieser
       Champions-League-Saison hatte Real bislang nur Siege gefeiert, abgesehen
       von einem Remis.
       
       In den letzten 24 Spielen der Königsklasse hatten die Madrilenen in der
       ersten Halbzeit kein einziges Gegentor bekommen. Dennoch meinte Heynckes
       vor der Partie fast trotzig: „Ich habe mit all meinen spanischen
       Mannschaften nie zu Hause gegen Real verloren.“ Kollege Ottmar Hitzfeld
       pflichtete ihm bei: „Bayern München wird auf alle Fälle gewinnen.“
       
       Beide behielten recht, und Real setzte seine Negativserie fort: neunte
       Niederlage im zehnten Spiel in München (bei einem Remis). „Wieder einmal
       stolpert Real Madrid in der Hölle von München. Immer diese Deutschen!“,
       titelte das spanische Blatt El Mundo.
       
       Madrids Trainer José Mourinho verbreitete nach dem 1:2 ungerührt den
       Eindruck, als interessierten ihn diese Zahlen nicht weiter: „Es ist keine
       Schande, in München zu verlieren. Es ist ein Ergebnis, das von dir
       verlangt, dass du es zu Hause drehst. Wir müssen kein historisches Spiel
       machen. Es reicht auch ein gutes Spiel.“
       
       ## Verhaltener Optimismus
       
       Doch während der FC Bayern am Wochenende einen gemütlichen Ausflug an die
       Weser zum eher bedeutungsarmen Bundesliga-Treff mit Werden Bremen
       unternimmt, geht es für Madrid beim Lieblingsfeind Barcelona um ein
       Vielfaches mehr. Mehr als einmal ist Real in der jüngeren Vergangenheit
       dort gewaltig unter die Räder gekommen, und ob man in diesem Fall immer
       noch so selbstsicher ins Rückspiel gegen Bayern gehen wird? Wer weiß.
       
       Die Bayern gaben sich nach dem Kampfsieg verhalten optimistisch. „Wir
       fahren nicht chancenlos nach Madrid“, sagte Bayern-Boss Karl-Heinz
       Rummenigge. Der für den blassen Bastian Schweinsteiger eingewechselte
       Thomas Müller sagte: „Man hat gesehen, dass wir gebissen haben und noch was
       reißen wollten. Im Halbfinale gibt’s halt keine Gurken mehr.“ Und
       TV-Experte Franz Beckenbauer orakelte: „Es wird Räume zum Kontern geben.
       Die Chancen stehen 60:40.“
       
       Das sehen die Königlichen natürlich anders. Der Gelsenkirchener Mesut Özil,
       der den Gelsenkirchener Manuel Neuer zum zwischenzeitlichen 1:1 bezwungen
       hatte, meinte: „Das ist sehr bitter für uns“, sagte der Real-Star, „aber
       wir sehen uns wieder in München.“ Der Countdown läuft also.
       
       18 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Becker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Frühsport
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Unter dem Diktat der Uefa: Zu Lasten von München
       
       Am Champions-League-Finale 2022 in München werden sich die Uefa und
       Sponsoren eine goldene Nase verdienen. Die Stadt muss erst mal zahlen.
       
 (DIR) Halbfinale Champions League: Münchner Freude am Selbstgemachten
       
       Ronaldo im Pech, Neuer im Glück: Im Elfmeterschießen hat der FC Bayern
       München Real Madrid ausgeschaltet. Der Erfolg basiert auch auf der
       nachhaltigen Arbeit am Nachwuchs.
       
 (DIR) Champions League Halbfinale: Messi verschießt Barças Chance
       
       Der FC Barcelona hat im Rückspiel des Champions League Halbfinales 2:2
       unentschieden gespielt – und doch verloren. Der FC Chelsea ist im Finale.
       
 (DIR) Halbfinale der Champions League: Barça bangt ums Finale
       
       Mit einer 0:1-Niederlage gegen Chelsea muss Titelverteidiger FC Barcelona
       um den Einzug ins Finale der Champions League fürchten. Chelsea-Keeper Cech
       sieht die Chancen bei 50:50.
       
 (DIR) Halbfinale der Champions League: Bayerndusel schlägt Özil
       
       Erst ein Abseitstor, dann ein Last-Minute-Treffer. Nicht unverdient aber
       mit viel Glück hat der FC Bayern 2:1 gegen Real Madrid gewonnen. Ein
       gefährliches Ergebnis fürs Rückspiel in Spanien.