# taz.de -- Metropolregion Hamburg wächst weiter: Richtungswechsel im Norden
       
       > Die Erweiterung bis an den Fehmarnbelt und nach Mecklenburg macht die
       > Metropolregion Hamburg zum regionalen Kraftzentrum Norddeutschlands.
       
 (IMG) Bild: Der Mittelpunkt zwischen Nord- und Ostsee: die erweiterte Metropolregion Hamburg.
       
       HAMBURG taz | Für Olaf Taurus ist es ein Richtungswechsel: Nicht mehr die
       30 Kilometer östlich gelegene schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel
       sei für Neumünster der Orientierungspunkt, sagt der dortige
       Oberbürgermeister, sondern die doppelt so weit entfernte Metropole im
       Süden: „Wir schauen jetzt in Richtung Hamburg.“ Von dort kämen die
       wirtschaftlichen Impulse, hofft der Parteilose Taurus, und deshalb tritt
       die kreisfreie Stadt im Zentrum Schleswig-Holsteins nun der Metropolregion
       Hamburg bei.
       
       Am heutigen Freitag wird im Rathaus der Hansestadt der Staatsvertrag
       unterzeichnet, zum 1. Mai tritt er in Kraft. Dann wird die Metropolregion
       sich über vier Bundesländer in Ost und West erstrecken und 17 Landkreise
       und zwei kreisfreie Städte umfassen, von der Weser bis an den Fehmarnbelt,
       von Wismar bis Helgoland.
       
       Neu aufgenommen werden neben Neumünster auch Lübeck und der Kreis
       Ostholstein sowie die Landkreise Ludwigslust und Nordwestmecklenburg.
       „Hamburg ist das wirtschaftliche Zentrum im Norden Deutschlands“, begründet
       Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) die
       Orientierung der beiden ostdeutschen Kreise hin zur westdeutschen
       Metropole. Der Beitritt werde „die gemeinsame norddeutsche Identität
       stärken“.
       
       Metropolregionen sind verdichtete Ballungsräume von Großstädten. In der
       Praxis bedeutet das vor allem die koordinierte Lenkung von Verkehrsströmen
       und eine gemeinsame Flächenentwicklung für Wohnen, Gewerbe und Industrie.
       Und das setzt voraus, über Stadt-, Kreis- und auch Landesgrenzen
       hinauszudenken. Das sind „richtig dicke Bretter“, sagt Jakob Richter,
       Leiter der Geschäftsstelle der Metropolregion in Hamburg.
       
       Die zu bohren, ist in der jüngsten Vergangenheit etwas leichter geworden.
       In der globalisierten Welt herrsche zunehmend „ein Wettbewerb der
       Regionen“, weiß auch Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (SPD). Niemand
       könne mehr allein agieren. So ist Hamburg der Hafen für die Region, die
       Standorte der Windkraftproduktion aber liegen vor den Küsten der
       benachbarten Flächenländer – ein simples Beispiel für die Notwendigkeit zur
       Kooperation unterhalb aller Nordstaat-Gedankenspiele.
       
       Die Entwicklung der Offshore-Windindustrie führt bereits zu neuerlichen
       Überlegungen, welche Industrie entlang der Unterelbe angesiedelt werden
       könne – in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dazu will die
       Geschäftsstelle mit Gutachten, Konferenzen und Netzwerkarbeit ihren Beitrag
       leisten, kündigt Richter an. Ein länderübergreifendes Tourismusprojekt
       „Kurs Elbe. Hamburg bis Wittenberge“ läuft bereits und soll die
       Schifffahrtsbetriebe, Hafenbetreiber und Gastronomen entlang des Stroms zur
       stärkeren Zusammenarbeit bei Angeboten für Freizeit und Ferien bewegen.
       
       Von Lübeck als wachsender Stadt träumt Sven Schindler. Mehr Einwohner, mehr
       Wirtschaftsleistung, mehr Kaufkraft schweben dem SPD-Wirtschaftssenator in
       der zweitgrößten Stadt Schleswig-Holsteins vor.
       
       212.000 Einwohner hat Lübeck, Tendenz sinkend. Den Trend umzudrehen, ginge
       am besten in Kooperation mit der großen Hanseschwester, glaubt er: „Lübeck
       muss an Hamburg heranrücken.“ Und darum tritt auch die einstige Königin der
       Hanse nun der Metropolregion ihrer inzwischen viel größeren Schwesterstadt
       bei. Wohnen und arbeiten an der Achse von Hamburg nach Lübeck und
       perspektivisch weiter über den Fehmarnbelt bis nach Kopenhagen, ist
       Schindlers Vorstellung.
       
       Dafür essentiell sei die Anbindung an den Hamburger Verkehrsverbund (HVV).
       Dann ginge es in einer guten halben Stunde zum HVV-Tarif von Hauptbahnhof
       zu Hauptbahnhof. Eine Studie, die Lübeck eigens dafür in Auftrag gegeben
       hat, verheißt nach einem HVV-Anschluss mittelfristig mehr Einwohner, mehr
       Tagestouristen, mehr Arbeitsplätze und mehr Steuern für Lübeck.
       
       Eine S-Bahn-Anbindung im HVV hätte auch Neumünsters OB Taurus gerne. „Das
       ist das wichtigste Zukunftsprojekt“, sagt er, dann könnte auch seine
       77.000-Einwohner-Stadt wieder wachsen. Gegenüber Hamburg habe Neumünster
       einen großen Vorteil: „Hier sind Immobilien noch bezahlbar.“
       
       19 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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