# taz.de -- Abstiegskampf am Rhein: Nicht mal mehr Karneval
       
       > Wieder einmal spielt der 1. FC Köln gegen den Abstieg. Doch längst geht
       > es um mehr als den sportlichen Existenzkampf. Interne Machtkämpfe
       > belasten den Klub schwer.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur Maskottchen Hennes bockt gerade in Köln.
       
       KÖLN taz | Katastrophenszenarien haben in Köln Konjunktur: „Nahe am
       Zusammenbruch“, titelt die Frankfurter Rundschau: „Die Kölner Krise hat
       viele Ursachen, Lösungen sind nach der Derby-Niederlage gegen Gladbach
       nicht in Sicht. Eine historische Niederlage, sogar für den an Kummer
       gewöhnten Traditionsklub.“ Doch die Zeilen stammen nicht vom vergangenen
       Montag. Sie wurden schon vor anderthalb Jahren verfasst. Wieder einmal
       steckt Köln im Abstiegskampf.
       
       Wer sich in diesen Tagen auf dem Weg zum Stadion macht, der wird dann und
       wann Vereinswappen des Klubs sehen, die mit schwarzer Farbe verunstaltet
       sind. Das wäre früher ein Sakrileg gewesen, denn der Geißbock Hennes, das
       Maskottchen im Klubwappen, kann ja nichts für die Krise.
       
       Wer den Spielern beim Training zusehen will, wird abgewiesen. Diskrete
       Ordner sorgen dafür, dass das Training unbeobachtet bleibt, eine Maßnahme,
       die auf nur wenig Gegenliebe beim Anhang stößt. Die Mannschaft muss von der
       Polizei vor den eigenen Fans geschützt werden. Für Übergangstrainer Frank
       Schaefer ein Unding.
       
       Dem Internetportal Sport1.de gegenüber bezeichnete er das Fanverhalten als
       [1][„nicht akzeptabel“]. In Köln herrscht Ausnahmezustand, auch personell:
       kein Cheftrainer, kein Sportchef, kein Präsident – den Klub als kopflos zu
       bezeichnen, ist gewiss nicht falsch.
       
       ## Gut gefüllter Medienraum
       
       Es gibt viel zu erklären in diesen Tagen. Vor allem für Claus Horstmann,
       den Geschäftsführer. Er ist bemüht, einen entschlossenen Eindruck zu
       hinterlassen, als er vor die Presse tritt an diesen Nachmittag. Es ist ein
       großer Medienraum. Er wurde für die Fußball-WM 2006 gestaltet, für
       gewöhnliche Ligaspiele wirkt er überdimensioniert. Doch immer wieder gibt
       es in Köln Anlässe, die diesen Raum gut gefüllt erscheinen lassen.
       
       Meist sind es jene Tage, an denen der Klub die Entlassung oder
       Inthronisierung eines neuen Trainers bekannt gibt. An diesem Tag ist es
       Frank Schaefer, der sich als kommissarischer Nachfolger des entlassenen
       Stale Solbakken vorstellt. Die Journalisten kennen ihn, und nicht wenige
       meinen, dass das Dilemma eng mit seiner Person verknüpft ist.
       
       Denn vor einem Jahr warf Frank Schaefer hin, nachdem ihn Sportchef Volker
       Finke demontiert hatte. Finke sollte als Nachfolger des berüchtigten
       Finanzakrobaten Michael Meier gemäß dem Willen des Klubchefs Wolfgang
       Overath in Köln den Systemfußball einführen.
       
       Auch Wolfgang Overath verließ den Verein. Er war die ständige Nörgeleien
       leid. Und dann musste Volker Finke gehen, nachdem dessen Kandidat Stale
       Solbakken es nicht hinbekam. Nur wenige Wochen später musste auch Solbakken
       gehen. Machtkämpfe in Permanenz, Intrigen und Kampagnen: Köln verwaltet
       sein spätrömisches Erbe mit solcher Konsequenz, dass sich mancher fragt:
       Liegt Byzanz am Rhein?
       
       ## Thielen und das Dreigestirn
       
       Zwei Fraktionen haben sich gebildet: Da ist zum einen das sogenannte
       Dreigestirn mit dem Präsidentschaftskandidaten Werner Spinner und den
       Stellvertretern Markus Ritterbach und Toni Schumacher. Die Besetzung des
       vom Verwaltungsrat vorgeschlagenen Trios soll allen Seiten Rechnung tragen:
       Spinner ist ehemaliger Bayer-Manager.
       
       Markus Ritterbach wird oft als Verleger bezeichnet, tatsächlich aber ist er
       eher ein versierter Entrepreneur. Als Chef des Festkomitees ist er die
       Nummer eins im Kölner Karneval, sein Einfluss als Einflüsterer ist nicht zu
       unterschätzen. Und Toni Schumacher?
       
       Er ist vor allem Toni Schumacher, eine Kölner Legende, dieser Torwart, der
       einst mit Köln Titel gewann. „Ich habe mich immer gefragt“, sagt er, „warum
       fragen die dich nie, ob du mal helfen willst. Und als jetzt die Anfrage
       kam, habe ich spontan zugesagt.“
       
       Und da ist eine Gruppe um den ehemaligen FC-Manager Karl-Heinz Thielen, die
       sich kürzlich formierte und deren Anliegen das Potenzial zur Spaltung der
       Anhängerschaft birgt. Lukas Podolski, der Nationalspieler, sprang Thielen
       und seinen Männern bei.
       
       ## Meister der Vergangenheit
       
       Der Kölner Stadt-Anzeiger beschwört den „Kampf um die Einheit des Klubs“.
       Wenn das Dreigestirn nicht im ersten Wahlgang für würdig befunden wird,
       dürfte Spinner seine Kandidatur zurückziehen. Doch es geht längst nicht
       mehr bloß um die Frage: Abstieg oder nicht? Schlussendlich geht es
       vielleicht sogar um die Existenz des Klubs, wenn das Dreigestirn am Montag
       scheitert.
       
       Wo ist Köln, der Meister der Vergangenheit, bloß angekommen? Mittlerweile
       verbitten sich selbst Exponenten des Karnevals, dass der FC landauf, landab
       als „Karnevalsverein“ bezeichnet wird. Der Karneval, so lautete die
       einleuchtende Begründung, sei doch schließlich ein Kulturgut.
       
       20 Apr 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_bundesliga/artikel_546138.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Osterhaus
       
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