# taz.de -- Rechte Wähler in Frankreich: „Pariser Eliten“ im Visier
       
       > Die Front National hat im ganzen Land ihre Wahlhochburgen. Die Klagen
       > gegen das „Establishment“ finden bei ihren Wählern eher Anklang als ihre
       > Vorschläge.
       
 (IMG) Bild: Marine Le Pen spricht ein breites Publikum von Unzufriedenen, Enttäuschten und Unterdrückten an.
       
       PARIS taz | Frankreich wacht mit einer neuen politischen Landkarte auf.
       Gleich auf den ersten Blick fällt die Überzahl der rosarot gefärbten
       Gegenden auf, in denen der Sozialist François Hollande die Führung
       übernahm, gegenüber den blauen Flecken, wo der amtierende Präsident Nicolas
       Sarkozy im ersten Durchgang der Wahlen dominierte. Nur bei genauerem
       Hinsehen fällt auf, dass in 15 der 95 Departements die FN-Kandidatin oft
       nur mit knappem Abstand an zweiter Stelle liegt und im Umkreis von Nimes
       sogar Erste wurde.
       
       Vom Ärmelkanal über Lothringen bis ins Elsass im Norden und von Marseille
       bis Nizza an der Côte d’Azur hat die rechtsextreme Front National ihre
       Wahlhochburgen. Mit einer aggressiven Kampagne gegen die „Pariser Eliten“,
       gegen das „Establishment“ der traditionellen Parteien und gegen den Euro
       sprach Marine Le Pen ein breites Publikum von Unzufriedenen, Enttäuschten
       und Unterdrückten an, die sich von allen anderen Parteien verachtet fühlen.
       
       Im Südosten, wo sich viele Algerienfranzosen nach der Unabhängigkeit der
       Kolonien niederließen, wird traditionell sehr rechts gewählt. In
       Nordfrankreich in den ehemaligen Industriebastionen stößt der Vorschlag,
       den Franzosen systematisch gegenüber Immigranten den Vorzug zu geben und
       dank Importzöllen die niedrigen Löhne zu erhöhen, auf Zustimmung. In
       ländlichen Gebieten fand Le Pen mit dem Bild einer vergangenen
       landwirtschaftlichen Idylle und dem Schutz vor ausländischer Konkurrenz
       Gehör. In den Städten wählen wieder andere die FN aus Fremdenfeindlichkeit.
       
       Wie rechtspopulistische Bewegungen anderswo in Europa schürt und
       instrumentalisiert die FN als Antwort auf Ängste angesichts der Krise
       ausländerfeindliche Ressentiments. Verarmte Schichten von Einheimischen
       werden dabei als Opfer eines „antifranzösischen Rassismus“ dargestellt.
       Immigrantenfamilien werden dagegen des Missbrauchs von Sozialleistungen
       zulasten der Franzosen verdächtigt.
       
       Die FN bezichtigt die Regierung, „nichts gegen den Islamismus“ zu tun: „Wie
       viele Mohamed Merahs kommen mit jedem Schiff und Flugzeug, die jeden Tag
       voller Migranten in Frankreich ankommen. Wie viele Merahs gibt es unter den
       Kindern der nicht assimilierten Immigranten?“, fragte sie jüngst nach den
       Anschlägen Mohamed Merahs gegen Soldaten und eine jüdische Schule in
       Toulouse. Trotz solcher Dramatik verwahrt sich Marine Le Pen gegen jeden
       Rassismusvorwurf.
       
       23 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hollande
       
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