# taz.de -- Kommentar Piratenpartei: Positionieren und ausschließen
       
       > Die qua Selbstdefinition unideologische Piratenpartei steht dem Ansturm
       > weniger Ideologen hilflos gegenüber. Es ist unumgänglich, dass sie sich
       > klar gegen rechts positioniert.
       
       Der absurde historische Vergleich, den der Berliner Pirat Martin Delius
       gezogen hat, taugt nicht als Beleg für angebliche Rechtstendenzen seiner
       Partei. Der sonst bedacht und seriös auftretende Berliner
       Fraktionsgeschäftsführer hat sich schlicht verplappert, als er den Aufstieg
       der Piraten mit dem der NSDAP gleichsetzte.
       
       Und indem Delius das Zitat einräumte, sich entschuldigte und von der
       Kandidatur für ein höheres Amt zurücktrat, verhielt er sich so vorbildlich,
       wie man es sich von anderen Politikern nach verbalen Fehlleistungen
       wünschen würde.
       
       Nicht das rhetorische Ungeschick eines Einzelnen macht also das Problem der
       Piraten mit Rechtsextremismus aus. Dieses liegt woanders: Die qua
       Selbstdefinition unideologische Partei steht dem Ansturm weniger Ideologen
       in ihren Reihen hilflos gegenüber. Immer wieder machen einzelne Piraten mit
       offen geäußerten Ressentiments gegen Israel, die Juden oder mit kruden
       Ansichten zur deutschen Geschichte von sich reden.
       
       Man kann einwenden, dass solche Unappetitlichkeiten naturgemäß zu einer
       jungen Partei gehören. Wer rasant wächst und ein verschwommenes
       inhaltliches Profil hat, zieht viele Frustrierte und Verrückte an. Doch so
       einfach ist es nicht.
       
       Entscheidend ist, wie die Piraten mit solchen Auswüchsen umgehen. Und hier
       ist ihre Haltung – wie bei vielen Themen – bisher viel zu diffus: Zwar
       steht ein Bekenntnis gegen Faschismus in der Satzung, zwar treten führende
       Piraten in Interviews gegen Menschenverachtung und Ausgrenzung ein.
       Gleichzeitig aber plädieren andere ungestraft für Toleranz im Umgang mit
       rechten Parteifreunden und warnen vor Rausschmissen. Diesen Widerspruch
       löst die Partei bisher nicht auf, müsste es aber dringend tun.
       
       Eine Liberalität ohne Überzeugungen, die alle Meinungen nur um der Freiheit
       des Einzelnen willen zulässt, ist gefährlich, weil sie Minderheitenrechte
       ignoriert. Und sie ist zutiefst unpolitisch. Politik benennt Unterschiede,
       klärt Mehrheiten und zieht Konsequenzen. Den Piraten steht eine solche
       inhaltliche Klärung bei vielen Themen bevor, auf Dauer wird ein charmantes
       „Wir diskutieren noch“ nicht reichen.
       
       Insofern ist die aktuelle Debatte unumgänglich: Die Piraten müssen sich
       gemeinsam gegen rechts positionieren; und sich trauen, diejenigen, die das
       anders sehen, auszuschließen. Sonst können sie keinen Platz im
       demokratischen Parteienspektrum beanspruchen.
       
       23 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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