# taz.de -- Kommentar SPD-Vorsitz: Die neue Kultur der SPD
> Michael Müller entdeckt die Parteibasis
Regeln sind dazu da, dass man sie ändern kann. Das hat der aufständische
Flügel der SPD am Montag erfolgreich vorexerziert. Statt die Wahl in der
Arbeitsgemeinschaft Migration den Aktiven zu überlassen, wollten plötzlich
auch Spandauer und Neuköllner mitmachen– allessamt Stimmvolk aus dem Lager
von Jan Stöß, der auf dem Parteitag am 9. Juni gegen den amtierenden
Landesvorsitzenden Michael Müller kandidiert. Das Stößlager hatte Erfolg
und setzte sich durch. Basisdemokratischer kann eine Wahl nicht sein: Wer
da ist, hat eine Stimme, und jeder kann kommen.
Geht es um den Parteivorsitz, will die Parteilinke, im Bunde mit der
Rechten, von Basisdemokratie freilich nichts wissen. Müller oder Stöß, das
sollen die Delegierten entscheiden. Am Montag haben die Parteirebellen,
offenbar im Glauben an eine sichere Mehrheit unter den
Parteitagsdelegierten, einen Antrag auf eine Mitgliederbefragung im
Landesvorstand abgelehnt.
Nun ist die Reihe an Michael Müller, die Regeln zu ändern. Zur Not, heißt
es aus seinem Lager, reichen auch vier Kreisverbände, um die Basis zu Wort
kommen zu lassen. Soviel Vertrauen an die Kraft des Einzelnen hatte Müller
nicht immer. Seine Kritiker werfen ihm vor, die wesentlichen Entscheidungen
im Küchenkabinett zu treffen.
Verkehrte Welt bei der Berliner SPD? Es könnte noch doller kommen. Laut
Satzung hätte eine Mitgliederbefragung nur empfehlenden Charakter. Gut
möglich, dass beim Parteitag die Basis von den Delegierten niedergestimmt
wird. Wäre das das Ende der demokratischen Kultur. Oder ein Anfang?
Vielleicht sollten es die Sozis mal mit liquid feedback probieren.
25 Apr 2012
## AUTOREN
(DIR) Uwe Rada
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