# taz.de -- Energie I: Bürger wollen an die Leitung
       
       > Das Berliner Stromnetz könnte bald Bürgern gehören: Eine neue
       > Genossenschaft will Vattenfall das Netz abkaufen - der Gewinn soll der
       > Stadt zugute kommen.
       
 (IMG) Bild: Bürger und Strom - ein anschlussfähiges Konzept?
       
       Es kommt Bewegung in die Frage, wer in Zukunft das Berliner Stromnetz
       betreiben darf: Eine neugegründete Genossenschaft will das Netz kaufen und
       „in Bürgerhand bringen“. Gegenüber dem Senat hat sie bereits ihr Interesse
       bekundet. Am Mittwoch stellte die „BürgerEnergie Berlin eG“ (BEB) ihren
       Plan vor. „Wenn es uns gelingt, das größte Stromnetz Deutschlands in
       Bürgerhand zu bringen, wäre das ein beispielloses Zeichen“, sagte
       Vorstandsmitglied Luise Neumann-Cosel, die bislang ehrenamtlich arbeitet.
       
       Die BEB hat das Ziel, das Stromnetz über die gesetzlichen Vorgaben hinaus
       auf die Einspeisung dezentral erzeugter erneuerbarer Energien auszurichten.
       Zudem sollen die Gewinne in der Region bleiben – zum Teil in erneuerbare
       Ernergien investiert, zum Teil an die GenossInnen ausgeschüttet.
       
       „Es ist ein sehr ambitioniertes Vorhaben“, gab der
       BEB-Aufsichtsratsvorsitzende Hartmut Gaßner zu. Mit 500 Euro Mindesteinlage
       kann man Genossenschaftsmitglied werden. Eine Million Euro ist bereits
       gesammelt, die BEB rechnet mit einem Gesamtbetrag im dreistelligen
       Millionenbereich. 40 Prozent des Kaufpreises will sie selbst aufbringen.
       Potentielle Genossen können auch Geld auf ein Treuhandkonto einzahlen und
       werden endgültig erst dann stimmberechtigtes Mitglied, wenn die
       Genossenschaft den Zuschlag zum Netzkauf auch bekommen sollte.
       
       Das Vorhaben sei keine Konkurrenz zu dem Volksbegehren, für das das Bündnis
       Berliner Energietisch momentan Unterschriften sammelt, so die Initiatoren.
       „Sollte der Volksentscheid erfolgreich sein, werden wir unser Know-how und
       das eingesammelte Geld mit einbringen“, sagte Neumann-Cosel. Der
       Energietisch will erreichen, dass Berlin das Stromnetz übernimmt, wenn Ende
       2014 die Konzession des bisherigen Betreibers Vattenfall ausläuft. Zudem
       sollen Stadtwerke gegründet werden, die Ökostrom produzieren.
       
       Michael Garmer, Sprecher für Energie der CDU im Abgeordnetenhaus, begrüßt
       die Gründung der Genossenschaft: „Wettbewerb ist generell gut“, sagte er
       der taz. Seine Fraktion werde sich aber im Voraus weder positiv noch
       negativ zu bestimmten Bewerbern äußern. Eine Rekommunalisierung lehnt die
       CDU-Fraktion ab – das hat sie vergangene Woche auf einer Klausurtagung
       beschlossen. Die gewünschten Ziele wie Sicherstellung der Energiewende und
       Versorgungssicherheit könnten auch „ohne eine kapitalmäßige Beteiligung
       sichergestellt werden“, so die CDU. Sie hält sich aber einen Spielraum
       offen: Sollten sich „zwingende Gründe ergeben“, würde sich die CDU-Fraktion
       einer Landesbeteiligung an einer Netzgesellschaft „nicht grundsätzlich
       versperren“. Die SPD hat sich per Parteitagsbeschluss bereits für eine
       Rekommunalisierung des Netzes ausgesprochen.
       
       Grünen-Landeschefin Bettina Jarasch hält es für eine gute Nachricht, „wenn
       neben dem Volksbegehren nun eine weitere Gruppe den Druck der Bevölkerung
       auf den Senat erhöht“. Die Grünen unterstützen das Volksbegehren des
       Energietischs und stehen einer Genossenschaftslösung aufgeschlossen
       gegenüber. Der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion Harald Wolf
       bezeichnete die Bürgergenossenschaft als guten Partner in einem kommunalen
       Unternehmen.
       
       Der bisherige Netzbetreiber Vattenfall will das Netz gerne weiter
       betreiben. [1][„Jede strukturelle Veränderung am Stromnetz von Berlin ist
       eine Operation am offenen Herzen der größten Stadt Deutschlands“, warnte
       Rainer Knauber, Generalbevollmächtigter des Konzerns, im taz-Interview.]
       Der Betrieb des Stromnetzes lohnt sich: Die Tochtergesellschaft Vattenfall
       Europe Distribution Berlin weist für 2010 einen Gewinn von 105 Millionen
       Euro bei 720 Millionen Euro Umsatz aus.
       
       25 Apr 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Energie-II/!92209/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Erb
       
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