# taz.de -- FSLN-Gründer Tomás Borge gestorben: Der Zuchtmeister der Sandinisten
       
       > Er war der Wadenbeißer der Partei und ein Frauenheld: Tomás Borge,
       > Gründer der nicaraguanischen Guerilla FSLN. Am Montag erlag er einem
       > Krebsleiden.
       
 (IMG) Bild: Tomás Borge liebte die Revolution und die Frauen.
       
       Nicaraguas Sandinistische Befreiungsfront hat ihre letzte historische Figur
       verloren. Tomás Borge, letzter überlebender Gründer der damaligen Guerilla
       FSLN, ist am Montag in einem Krankenhaus in Managua im Alter von 81 Jahren
       an Lungenkrebs gestorben.
       
       Nach einer Operation am 10. April hatte sich sein Gesundheitszustand
       ständig verschlechtert. Borge war zuletzt Ehrenpräsident und
       stellvertretender Generalsekretär der FSLN, Parlamentsabgeordneter und
       Botschafter seines Landes in Peru.
       
       Der kleine Mann mit dem dünnen aschblonden Haar wurde am 13. August 1930 in
       der Provinzstadt Matagalpa im Norden von Nicaragua geboren. Als Student
       schloss er sich den ersten bewaffneten Gruppen gegen die Diktatur des
       Somoza-Clans an. 1956 wurde er zum ersten Mal verhaftet und gefoltert, zwei
       Jahre später gelang ihm die Flucht nach Kuba.
       
       Im Juli 1961 gehörte er zu den Gründern der FSLN. Auch im Guerillakrieg
       gegen Somoza fiel er in die Hände der Nationalgarde, wurde aber am 22.
       August 1978 nach der spektakulären Besetzung des Nationalpalasts in Managua
       zusammen mit anderen Gefangenen freigepresst.
       
       Nach dem Sturz Somozas im Juli 1979 wurde Borge als Innenminister der
       sandinistischen Regierung für die Staatssicherheit verantwortlich. Er galt
       dabei als Wadenbeißer, der dem Staats- und Parteichef Daniel Ortega den
       Rücken freihielt. Nach der Wahlniederlage der FSLN 1990 war er der
       Zuchtmeister der Partei, der seinem Chef die innerparteilichen Kontrahenten
       aus dem Weg räumte. So nahm er die immer unabhängigere Parteizeitung
       Barricada an die Kandare, entließ den Chefredakteur Carlos Fernando
       Chamorro und stellte das Blatt 1998 ein.
       
       Seit Ortega 2007 zurück ins Präsidentenamt gewählt wurde, hatte Borge zwar
       wieder viele Ämter, füllte sie aber nur noch repräsentativ als historische
       Figur aus. Politische Akzente setzte er nicht mehr. Seine Gesundheit war
       schon lange angeschlagen, die Konzentration des vorher hellwachen Mannes
       hatte merklich nachgelassen.
       
       Privat galt Borge als Frauenheld, der gerne gutem Rum zusprach und herzlich
       über Witze lachen konnte. In seiner Freizeit schrieb er Gedichte und Bücher
       über sein Leben und die sandinistische Revolution. Seinen Tod verkündete
       Rosario Murillo, die Sprecherin und Gattin von Präsident Ortega, mit den
       Worten: „Er gehört zu den Toten, die niemals sterben.“
       
       2 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Toni Keppeler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nicaragua
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Späte Ehrung für sandinistischen Minister: Ganz große Koalition für Revolutionär
       
       Anlässlich seines 30. Todestags wird in Köln eine Straße nach dem einstigen
       nicaraguanischen Minister Enrique Schmidt benannt.
       
 (DIR) Wahl in Nicaragua: Ortega räumt ab
       
       Nach ersten Hochrechnungen hat Daniel Ortega die nicaraguanische
       Präsidentenwahl mit über 60 Prozent der Stimmen gewonnen. Es wäre die
       dritte Amtszeit für den Sandinisten.
       
 (DIR) Präsidentschaftswahlen in Nicaragua: Ortega kauft das Herz der Armen
       
       Verfassungsmanipulationen und undurchsichtige Sozialprogramme: So betreibt
       der Sandinistenchef seine Wiederwahl an diesem Sonntag.
       
 (DIR) Nicaraguanische Zeitung verkauft: Ortega doch kein Verleger
       
       In Nicaragua wollte der Präsident die regierungskritische Zeitung "El Nuevo
       Diario" kaufen. Nun schnappte ihm ein Unternehmer das Blatt vor der Nase
       weg.
       
 (DIR) 30 Jahre Revolution in Nicaragua: Die alten Ikonen
       
       Die Fotos gingen um die Welt: Junge Leute besiegten 1979 in Nicaragua die
       Nationalgarde. 30 Jahre danach erzählt einer derjenigen, die damals auf den
       Fotos waren, seine Geschichte.