# taz.de -- Späte Ehrung für sandinistischen Minister: Ganz große Koalition für Revolutionär
       
       > Anlässlich seines 30. Todestags wird in Köln eine Straße nach dem
       > einstigen nicaraguanischen Minister Enrique Schmidt benannt.
       
 (IMG) Bild: Sandinisten feiern in Managua ihren Sieg über die Regierungstruppen (Archivbild vom 19. Juli 1979).
       
       KÖLN taz | Auf Antrag der CDU, der Grünen und der Linkspartei wird im
       Kölner Stadtteil Lindenthal ein sandinistischer Revolutionär geehrt. Eine
       Straße an der Universität erhält an diesem Mittwoch den Namen von Enrique
       Schmidt Cuadra, dem vor dreißig Jahren von den Contras ermordeten einstigen
       Kommunikationsminister Nicaraguas.
       
       „Wir wollen mit der Namensgebung ein Signal setzen, wie wichtig es ist,
       sich für demokratische Verhältnisse einzusetzen“, sagt die Lindenthaler
       Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) zur taz.
       
       Im Beisein von Enrique Schmidts Witwe Maria Victoria Urquijo Nuño und
       seinen beiden Kindern Maité und Enrique Evenor wird Blömer-Frerker
       gemeinsam mit ihrem Stellvertreter, dem Grünen Roland Schüler, das
       Straßenschild enthüllen.
       
       „Enrique Schmidt hat bei uns in Köln gelebt und ist für seinen Einsatz für
       die Demokratie gestorben“, begründet sie ihr Engagement. Eine für
       Christdemokraten keineswegs selbstverständliche Position: In den 1980er
       Jahren, nach dem Sieg über den Diktator Somoza, betrachteten sie die
       Sandinisten noch als böse Vorhut des Kommunismus.
       
       Enrique Schmidt, dessen ostpreußischer Urgroßvater Ende des 19.
       Jahrhunderts nach dem Deutsch-Französischen Krieg nach Südamerika emigriert
       war, hatte ab Ende der 1960er Jahre an der Kölner Uni studiert und war
       aktiv im AStA-Ausländerreferat. Nach dem Diplom kehrte er 1974 nach
       Nicaragua zurück. Mittlerweile hatte er sich der Frente Sandinista de
       Liberación Nacional (FSLN) angeschlossen.
       
       ## Generalvertreter für Siemens
       
       In dem lateinamerikanischen Land arbeitete Schmidt als Generalvertreter für
       den Siemens-Konzern und als Dozent für Nationalökonomie. 1975 wurde er
       wegen verbotener Gewerkschaftskontakte verhaftet und wochenlang im
       berüchtigten Gefängnis von Tipitapa gefoltert.
       
       „Weder Siemens noch die deutsche Botschaft in Managua haben sich für ihn
       eingesetzt“, berichtet der Grüne Schüler, Geschäftsführer des Kölner
       Friedensbildungswerks. Erst internationaler Druck unter anderem der
       evangelischen Kirche führte 1977 zu Schmidts Freilassung und Ausreise in
       die BRD. Er promovierte an der Uni Bremen und war als offizieller Vertreter
       der FSLN in Westeuropa maßgeblich an der Gründung erster
       Solidaritätsgruppen in der BRD beteiligt.
       
       Mit der Revolution zog es ihn im Frühjahr 1979 erneut zurück nach
       Nicaragua.
       
       Nach dem Sieg über die Somoza-Diktatur arbeitete Schmidt zunächst im
       Innenministerium, wurde dann Polizeichef von Managua und schließlich 1982
       Post- und Fernmeldeminister. Für die Finanzierung eines seiner Projekte,
       eine Telefonverbindung vom Atlantik zum Pazifik, mobilisierte er Spenden in
       Deutschland. Die IG Metall sammelte Geld für die Kabel.
       
       ## Von den Contras getötet
       
       Während seiner Regierungszeit pflegte Schmidt enge Kontakte zur SPD und zur
       Sozialistischen Internationalen. Am 5. November 1984 wurde der 35-Jährige
       bei einem Gefecht mit den von den USA unterstützten Contras getötet. „Kurz
       vorher hatte er noch auf Einladung von Hans-Jürgen Wischnewski beim
       SPD-Bundesparteitag gesprochen“, erzählt Roland Schüler.
       
       Lange ist’s her. Auf Schülers Initiative für die Straßenbenennung hat die
       SPD in Köln-Lindenthal nicht reagiert. Deshalb sei sie, anders als die CDU
       und die Linkspartei, nicht bei den Antragstellern gewesen, so der Grüne.
       Aber immerhin haben auch die Sozialdemokraten in der Bezirksvertretung für
       „das rote Geschenk Preußens“, wie ihn der sandinistische Schriftsteller und
       Weggefährte Tomás Borge rückblickend bezeichnet hat, als Namenspatron
       gestimmt.
       
       „Enrique Schmidt hat sich für Gerechtigkeit eingesetzt“, sagt Schüler.
       „Deshalb ist er ein Vorbild.“
       
       5 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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