# taz.de -- Michel Serres bekommt Eckhart-Preis: Überzeugter Europäer
       
       > Michel Serres ist das öffentliche Gewissen Frankreichs und tritt seit
       > Jahren für ein vereinigtes Europa ein. Nun ist er mit dem Meister Eckhart
       > Preis ausgezeichnet worden.
       
 (IMG) Bild: Träumt von der Vereinung der deutschen und französischen Nation: Michel Serres.
       
       Es war eine bewegende Rede, die der Philosoph und Wissenschaftshistoriker
       Michel Serres an der Kölner Universität anlässlich der Verleihung des
       Meister Eckhart Preises hielt. Der 81-jährige Franzose bekannte sich als
       „überzeugter Europäer“, der von der Vereinung der deutschen und
       französischen Nation träumt. Es lag ihm fern, dabei an das opportune
       Schlagwort „Merkozy“ zu denken. Serres schert sich nicht um politischen
       Pragmatismus.
       
       In Frankreich ist er seit Jahren das öffentliche Gewissen der Nation. Er
       tritt als Gesprächspartner im Fernsehen auf, um neue wissenschaftliche
       Erkenntnisse allgemeinverständlich zu kommentieren. In seiner Heimat gilt
       er als letztes Exemplar einer fast ausgestorbenen Spezies – der legendärer
       Enzyklopädisten um Diderot und d’Alembert. Bereits in den 60er Jahren trat
       der Pariser Gelehrte das geistige Erbe von Gottfried Wilhelm Leibniz an,
       der als deutscher Frühaufklärer völlig selbstverständlich
       naturwissenschaftliche Forschung und philosophische Spekulation vereinigt
       habe.
       
       Für Serres, der an der kalifornischen Stanford University und der Pariser
       Sorbonne, schließlich auch an der erlauchten Academie française lehrte, war
       es immer wichtig, auf die Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber der
       Gesellschaft hinzuweisen. Auf dieses Thema ist er in seinen zahlreichen
       Büchern stets zurückgekommen. Daraus folgert er: Wissenschaftler und
       Techniker dürfen nicht nur auf kurzfristigen Profit und schnellen Ruhm
       schielen. Sie müssen sich immer auch für das Wohlergehen der nachfolgenden
       Generationen verantwortlich zeigen.
       
       Der Kommunikationswissenschaftler Serres ist sich bewusst, dass diese
       Verantwortung maßgeblich daran scheitert, dass die wichtigsten sozialen
       Gruppen zu wenig umfassende Sachkenntnis von den drängenden Problemen
       besitzen, die Gesellschaft und Umwelt nachhaltig beeinflussen.
       
       Sein Wahlspruch lautet deswegen: „Es kommt darauf an, dass die sachgemäße
       wissenschaftliche Information – die gute Information – in den Besitz der
       Philosophen, der Medien und der Öffentlichkeit gelangt. Erst dann wird
       jeder genug wissen, um eine Ethik zu formulieren, für die sich alle
       entscheiden können.“
       
       4 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Englert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
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