# taz.de -- Buch „NarcoZones“ über Drogengelder: Das Kapital der Kartelle
       
       > Das Buch „NarcoZones“ informiert gut über die Geschäfte mit dem Geld aus
       > dem Drogenhandel. Auf der ganzen Welt werden damit Staaten und Ökonomien
       > unterwandert.
       
 (IMG) Bild: Ein brennender Bus in Rio: Zehntausende sind dem „Drogenkrieg“ bereits zum Opfer gefallen.
       
       Ein Einkaufszentrum in Deutschland muss nicht unbedingt „sauber“ sein, auch
       wenn es sauber aussieht. Es könnte mit dem Geld eines mörderischen
       lateinamerikanischen Drogenkartells errichtet worden sein. So zumindest
       sieht es Edgardo Buscaglia.
       
       In einem Interview wirft er Deutschland vor, von den Geldern der
       Drogenkartelle zu profitieren: „Anstatt Hubschrauber für die mexikanische
       Polizei zur Verfügung zu stellen, sollte sich die Berliner Regierung besser
       um ihre eigenen Aufgaben kümmern und dafür sorgen, dass die Kartelle ihr
       Kapital nicht investieren können.“
       
       Der politisch eher konservative Experte für den „Krieg gegen die Drogen“,
       der seit 1994 in den Ländern geführt wird, in denen Koka und Marihuana im
       großen Stil angebaut und vertrieben wird, stellt nicht nur den mittel- und
       südamerikanischen Regierungen ein verheerendes Zeugnis aus. Auch die
       Nordamerikaner und Europäer geißelt er. Die unterstützen zwar den Einsatz
       gegen Drogenplantagen und Schmuggler finanziell und logistisch.
       
       Andererseits aber bieten sie ein rechtssicheres System, in dem das
       gewaschene Geld der Drogenkartelle angelegt werden kann. Die Drogenkartelle
       brauchen nämlich genauso, wie sie die Länder, in denen sie ihre Zentralen
       haben, systematisch zersetzen, stabile Rechtsstaaten, in denen sie ihr Geld
       anlegen können. Und die Herkunft dieses Geldes wird von den letzteren
       Staaten nur sehr unzureichend überprüft.
       
       Das Interview mit Edgardo Buscaglia ist nur ein herausragender Text unter
       vielen in dem Buch „NarcoZones“, das Anne Huffschmidt, Wolf-Dieter Vogel,
       Nana Heidhues, Michael Krämer und Christiane Schulte herausgegeben haben.
       In dem Buch wird nicht nur eine Bilanz des ungemein blutigen Krieges gegen
       die Drogen gezogen, es wird nicht nur gezeigt, wie die Drogenkartelle nun
       Mexiko zersetzten, nachdem in Kolumbien einige erfolgreiche Schläge gegen
       die Drogenbosse durchgeführt worden waren.
       
       Sie zeigen vor allen Dingen, dass die „Narcos“ ihre Gewinne schon längst
       nicht mehr allein durch Drogenanbau, Drogenschmuggel und Drogenverkauf
       erzielen, sondern ihr Geld genauso wie Konzerne global für sich arbeiten
       lassen – oft auf ganz legale Weise.
       
       ## Ungeheure Zahlen
       
       Das Buch schockiert mit ungeheuren Zahlen. So wird etwa berichtet, dass
       allein ein mexikanisches Kartell auf einer Bank mehr als 300 Milliarden
       US-Dollar gelagert habe. Jesñs Cantñ und Mariana Franco erklären in ihrem
       Text, wie eine komplette Einheit von desertierten Elitesoldaten zunächst zu
       einer paramilitärischen Armee des mexikanischen „Golfkartells“ wurde, um
       sich schließlich – als „Zetas“ – selbständig zu machen und den Drogenhandel
       in Mexiko und in Mittelamerika zu dominieren.
       
       Die „Zetas“ sind weiterhin militärisch organisiert, jedoch weitaus reicher
       und genauso gut ausgestattet wie das offizielle Militär, das sie im
       jeweiligen Land bekämpfen soll. Wen wundert es also, dass viele
       Drogenfahnder nicht nur bestochen werden, sondern oft gleich ganz zu den
       Kartellen überlaufen.
       
       Gleichzeitig zeigt das Buch, das sehr verständlich und informativ ist –
       lediglich manchmal wiederholen sich Informationen in den einzelnen Artikeln
       zu stark –, dass die lateinamerikanischen Regierungen mit dem Krieg gegen
       die Drogen nicht etwa den Anbau und Verkauf von Drogen hätten einschränken
       können, sondern dass sich stattdessen die Kartelle noch weiter brutalisiert
       haben und ihre Gewinne – so paradox das klingt – sich dank dieses Krieges
       sogar wesentlich erhöhen.
       
       Insofern verwundert es nicht, dass sich die ehemaligen Staatspräsidenten
       Fernando Henrique Cardoso (Brasilien), Ernesto Zedillo (Mexiko) und César
       Gaviria (Kolumbien) gemeinsam mit vielen Intellektuellen für einen Stopp
       dieses Krieges und für eine Freigabe der Drogen einsetzen. Diese könnte
       ebenfalls schreckliche Folgen haben, keinesfalls aber so verheerend sein
       wie der jährlich zehntausende Tote fordernde Krieg zwischen Staaten und
       Kartellen.
       
       8 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Sundermeier
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Mexiko
       
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