# taz.de -- Erster Weltglücksbericht der UNO: Das Glück der Erde
       
       > Laut einer UN-Studie zählt ein Job mehr als das Einkommen für die
       > Zufriedenheit der Menschen. Auch persönlicher Altruismus und
       > gesellschaftliche Egalität machen glücklich.
       
 (IMG) Bild: Augenscheinlich ziemlich glücklich: Kindermönche in Südkorea.
       
       BERLIN taz | Gemessen an ihrem Ursprung, müssten die USA ein glückliches
       Land sein. „Pursuit of Happiness“, das Streben nach Glück, wurde als
       unabänderliches Recht gleich in der Unabhängigkeitserklärung
       festgeschrieben. Sie mögen streben, aber viele erreichen das Ziel nicht.
       Denn obwohl sich das Bruttosozialprodukt vervielfacht hat, ist die
       durchschnittliche Lebenszufriedenheit der US-Bevölkerung kontinuierlich
       gesunken. Das geht aus dem ersten Weltglücksbericht der UNO hervor, der
       jüngst erschienen ist.
       
       Für den Bericht haben die Glücksforscher John Helliwell und Richard Layard
       sowie der UN-Sonderberater für die Millenniumsentwicklungsziele Jeffrey
       Sachs sämtliche internationalen Glücksumfragen bis 2011 ausgewertet. Der
       Report soll die Verhandlungen bei der Konferenz Rio+20 beeinflussen, bei
       der im Juni Vertreter aus der ganzen Welt über nachhaltige Entwicklungen
       verhandeln. Die wichtigste Studie zum Thema ist der Gallup World Poll
       (siehe Kasten links und [1][Grafik]). 
       
       Danach leben die glücklichsten Menschen in den vergleichsweise egalitären
       westlichen Ländern Dänemark, Norwegen, Finnland und den Niederlanden. Die
       unglücklichsten Menschen leben in Afrika: in Benin, in der
       Zentralafrikanischen Republik und in Togo. Bei der Frage, wie oft die
       Befragten am Tag zuvor gelacht, sich gefreut und glücklich gefühlt haben,
       liegen die Bewohner so unterschiedlicher Staaten wie Island, Irland und
       Costa Rica vorne. Die Deutschen kommen bei beiden Umfragen auf einen
       vergleichsweise lausigen 30. beziehungsweise 46. Platz.
       
       ## Bei Sättigung droht das Gegenteil
       
       Es sei nicht primär Reichtum, der Menschen glücklich mache, fassen die
       Autoren ihre Erkenntnisse zusammen, sondern „politische Freiheit, starke
       soziale Netzwerke und die Abwesenheit von Korruption“. Wirtschaftswachstum
       macht Menschen nur dann glücklicher, wenn sie zuvor arm waren. Ab einer
       gewissen Sättigung droht eher das Gegenteil: Konsumismus macht unglücklich,
       vor allem in Ländern mit großer sozialer Ungleichheit – weil sich
       Wohlhabende ständig mit den noch Reicheren vergleichen.
       
       Welche Faktoren fördern das individuelle Glück? Sehr wichtig, so der
       Report, sei Erwerbsarbeit. Arbeitslosigkeit führe nicht nur zu Armut,
       sondern auch zu Ausgrenzung und Statusverlust, mache Menschen krank und
       depressiv. Ein sicherer Job wird von Befragten weit mehr geschätzt als
       hohes Einkommen. Ebenfalls wichtig: Ehe und Religion. Stabile
       Partnerschaften machen Menschen glücklicher. Und vor allem in armen Ländern
       mit unsicheren Lebensbedingungen hat der Glaube offenbar eine deutlich
       tröstende Funktion. Sehr positiv für das Wohlbefinden sind geistige und
       körperliche Gesundheit sowie eine grüne Umgebung. Und Altruismus.
       
       Der UN-Report führt diverse Studien auf, wonach Ehrenamtliche und
       Freiwillige wesentlich glücklicher sind und Materialisten zum
       Unglücklichsein neigen. Klare Schlussfolgerung der Autoren: „Solange es
       kein hohes Niveau von Altruismus und Vertrauen untereinander gibt, kann
       eine Gesellschaft nicht glücklich sein. Deshalb riet schon Aristoteles,
       dass Glück hauptsächlich durch tugendhafte Akte angestrebt werden sollte.
       Auch Buddha und unzählige andere Weise argumentieren so, ebenso viele
       heutige Psychologen und moralische Führer.“
       
       ## Gemeinsam für ein höheres Ziel
       
       Regierungen sollten nicht länger Wirtschaftswachstum, sondern das
       Wohlbefinden der Regierten befördern und regelmäßig messen. Nichts mache
       glücklicher, als gemeinsam für ein höheres Ziel zu arbeiten – für die
       Umweltbalance der Erde, das Wohlergehen kommender Generationen und das
       Überleben aller Spezies, kurz: Nachhaltigkeit.
       
       Ein Mittel dafür, so die drei Professoren, sei die Ergänzung der
       Millenniumsentwicklungsziele ab 2015 durch Vorgaben, die von allen Nationen
       verwirklicht werden müssten: die Beendigung extremer Armut bis 2030,
       ökologische Nachhaltigkeit, soziale Inklusion und gute Regierungsführung.
       Deutschland war auf der Tagung nur durch eine EU-Delegation vertreten.
       
       Gastgeber war ein Land, das politisch gesehen auch kein Paradies ist,
       dennoch aber weltweit als erstes das „Bruttosozialglück“ seiner Bewohner
       als Staatsziel festgeschrieben hat: Bhutan. Die Regierung des kleinen
       Himalajastaates hat ein Thesenpapier erarbeitet, das in die Verhandlungen
       von Rio+20 einfließen soll und in dem eine Ökonomie der Nachhaltigkeit
       umrissen wird. „Grenzenloses Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten
       Ressourcen“ sei unsinnig, so Bhutans Premierminister Jigmi Y. Thinley.
       
       Auf Betreiben Bhutans und 68 weiterer Ländern ist das weltweite Streben
       nach Glück bereits im Rechtsgefüge der Vereinten Nationen verankert worden.
       Die UN-Generalversammlung hat im August 2011 eine Resolution unter dem
       Titel „Glück: hin zu einer ganzheitlichen Annäherung an Entwicklung“
       verabschiedet.
       
       Wie die Bundesregierung in den kommenden Verhandlungen von Rio+20 diese
       Ziele unterstützen will, ist unklar. Dabei hätte auch Deutschland durchaus
       Nachholbedarf. Zwar ist das deutsche Bruttosozialprodukt von 1973 bis 2003
       um 60 Prozent gestiegen. Das individuelle Glücksniveau jedoch sank im
       gleichen Zeitraum um 10 Prozent.
       
       26 May 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /fileadmin/static/pdf/2012-05-25_grafik_gluecksreport.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ute Scheub
       
       ## TAGS
       
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