# taz.de -- Nazi-Kriegsverbrecher gestorben: 60 Jahre straffrei in Deutschland
       
       > Bis zuletzt lebte Klaas Carel Faber unbehelligt in Ingolstadt – geschützt
       > von einem Erlass Hitlers. Mit seinem Tod endet ein jahrzehntelanger
       > Streit um seine Auslieferung.
       
 (IMG) Bild: Ungestrafte Verbrechen: Der verstorbene NS-Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber lebte in Ingolstadt.
       
       BERLIN taz | „K. Faber“ steht auf dem Klingelschild eines
       Mehrfamilienhauses im Ingolstädter Pius-Viertel, ganz in der Nähe zum
       Audi-Werk. Nicht verborgen oder gar auf der Flucht lebte hier ein
       NS-Kriegsverbrecher, sondern für jeden bekannt, der es wissen wollte. Am
       letzten Donnerstag ist Klaas Carel Faber, so sein vollständiger Name, im
       Alter von 90 Jahren im Klinikum Ingolstadt verstorben. Er musste sich nicht
       für seine Taten verantworten, denn ein Erlass Adolf Hitlers schützte ihn
       bis zum Tod.
       
       Der gebürtige Niederländer Faber war wie sein Bruder Piet Mitglied der
       holländischen Nazipartei NSB. Beide dienten ab 1944 beim Sicherheitsdienst
       der SS. „Aktion Silbertanne“ hieß das Sonderkommando, wo man sie einsetzte.
       Es war darauf spezialisiert, Widerstandskämpfer zu ermorden. Zudem wurden
       die Brüder als Wachen im Durchgangslager Westerbork eingesetzt, von dem man
       die niederländischen Juden in die Vernichtungslager im Osten
       transportierte.
       
       Nach der Befreiung gerieten die Brüder Faber in Holland in Haft. Im Juni
       1949 verurteilte sie ein Sondergericht in Groningen zum Tod. Klaas Carel
       Faber hatte zugegeben, sechs Gefangene in Westerbork ermordet zu haben. Der
       ältere Piet wurde hingerichtet, das Urteil des jüngeren Klaas Carel zu
       lebenslanger Haft umgewandelt. Weihnachten 1952 gelang Faber die Flucht
       nach Deutschland.
       
       Mehr als ein halbes Jahrhundert lang konnte der NS-Kriegsverbrecher
       unbehelligt in der Bundesrepublik leben, trotz wiederholter Bemühungen der
       Niederlande um seine Auslieferung. Geschützt wurde Faber von einem Erlass
       Adolf Hitlers, der festlegte, dass „deutschstämmige Ausländer“, die in der
       Wehrmacht, der SS oder der Polizei gedient hatten, die deutsche
       Staatsbürgerschaft erhalten konnten.
       
       ## Durch Hitler-Erlass vor Strafverfolgung geschützt
       
       Dieser Hitler-Erlass galt in den Augen der deutschen Justiz bis heute - und
       schützte Faber so vor der Strafverfolgung, weil Deutsche nicht in einen
       anderen Staat ausgeliefert werden dürfen. Alle Versuche, Faber doch noch zu
       bestrafen, verliefen im Sande: Ein deutsches Ermittlungsverfahren wurde
       1957 vom Landgericht Düsseldorf eingestellt. Das Ingolstädter Landgericht
       sah 2004 keinen Grund, den Fall noch einmal aufzurollen.
       
       2010 bemühte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
       vergeblich darum, die bayerische Justiz umzustimmen. Die Niederlande
       erließen einen Europäischen Haftbefehl. Nichts geschah. Erst Anfang dieses
       Jahres bequemte sich die Ingolstädter Staatsanwaltschaft dazu, einen
       Vollzug von Fabers Haft in Deutschland in die Wege zu leiten. Da war der
       Nazimörder 89 Jahre alt.
       
       28 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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