# taz.de -- Riesa streitet um Statue: Lenin soll plötzlich weg
       
       > Die Lenin-Statue im sächsischen Riesa ist eine der letzten ihrer Art. Nun
       > soll sie verschwinden. Die CDU-Oberbürgermeisterin hat sie bereits für
       > einen Euro angeboten.
       
 (IMG) Bild: Demontierter Revolutionär: Andernorts mussten die Leninstatuen ganz weichen, in Riesa nur umziehen.
       
       DRESDEN taz | Wenn man die Anwohner im Osten des sächsischen Elbstädtchens
       Riesa fragt, dann wissen viele nicht einmal, dass in ihrer Nähe eine
       anachronistische Lenin-Statue steht. Geschweige denn dass sie der
       Revolutionsheld von 1917 stören würde. Es ist der letzte gegossene Lenin in
       Sachsen.
       
       Einige stört er plötzlich aber doch. Jens Nagel zum Beispiel, Leiter der
       nahe gelegenen Gedenkstätte des ehemaligen sowjetischen
       Kriegsgefangenenlagers Zeithain, und NPD-Stadtrat Jürgen Gansel. Jetzt
       forderte auch die Sächsische Zeitung: Lenin muss weg!
       
       Er lässt sich aber nicht so einfach zertrümmern, einschmelzen oder an
       Liebhaber verkaufen, wie es nach 1990 im Beitrittsgebiet mit fast allen
       Abbildern des nach Marx wichtigsten kommunistischen Ideologen geschah. Vor
       20 Jahren wurde etwa in Dresden der 120 Tonnen schwere „rote
       Bahnhofsvorsteher“ demontiert und in einen bayerischen Privatgarten
       verfrachtet.
       
       Der Riesaer Lenin duldet das nicht. Genauer: Die russische Botschaft würde
       es nicht dulden. So sagt es die Stadt, während sich die Botschaft nicht
       direkt äußert. Der bronzene Revolutionsführer harrt zwar auf städtischem
       Gelände inmitten eines Ehrenhains aus. Neben Gräbern erinnert dort auch ein
       Obelisk an die Gefallenen der Roten Armee. Aber nach einem Abkommen über
       die Kriegsgräberfürsorge von 1992 müssen Veränderungen mit russischen
       Behörden abgestimmt werden. Ansprechpartner für das Riesaer Rathaus war
       bislang das russische Generalkonsulat in Leipzig.
       
       ## Vom Rathausplatz in den Ehrenhain
       
       Das Geschenk der Stahlwerker aus dem ukrainischen Nikopol war allerdings
       auch nicht immer im Ehrenhain aufgestellt. Bis Mai 1991 stand Lenin am
       Rathausplatz, der zu DDR-Zeiten Leninplatz hieß. Ursprünglich sollte sein
       Verkauf etwas Geld in das Stadtsäckel spülen.
       
       Aber die Stadtverordneten entschieden sich aus nicht mehr recherchierbaren
       Gründen, so Stadtsprecher Uwe Päsler, für eine Umsetzung in den Ehrenhain.
       Der wurde 2009 sogar noch gründlich renoviert. „Er rührte an den Schlaf der
       Welt“, beginnt Johannes R. Bechers Lenin-Gedicht. An den Schlaf Lenins im
       Riesaer Ehrenhain rührte bis Ende April 2012 niemand.
       
       Nun aber finden es Jens Nagel und die Stiftung Sächsische Gedenkstätten an
       der Zeit, den „Begründer des ersten totalitären Regimes des
       20.Jahrhunderts“ auch in seinen verbliebenen bronzenen Spuren zu
       eliminieren. Jürgen Gansel, NPD-Stadtrat, Landtagsabgeordneter und so etwas
       wie der sächsische NPD-Chefideologe, stimmt ein. Der „Massenmörder Lenin“
       und „Bronze-Bolschewist“ solle, wenn er schon nicht einzuschmelzen sei, mit
       einer „wetterfesten, bronzefarbenen Plastikverhüllung“ unsichtbar gemacht
       werden.
       
       Gansel wettert gegen die inzwischen gefestigte Meinung der Rathausspitze,
       man solle den nur für wenige unerträglichen Lenin zwar am Ort belassen,
       seine geschichtliche Rolle und seine Untaten aber auf einer Tafel erklären.
       Ein Schülerprojekt beispielsweise könne den Text erstellen. Zunächst hatte
       Riesas Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU) spontan potenziellen Käufern
       ein 1-Euro-Angebot unterbreitet. Davon ist sie inzwischen abgerückt, obwohl
       sich 20 teils skurrile Interessenten meldeten.
       
       In der klassisch herausfordernden Pose sowjetischer Standbilder wird also
       Wladimir Iljitsch Uljanow wohl noch eine Weile in den Osthimmel Riesas
       blicken. Seine Rechte umklammert eine Schriftrolle, mit der Linken reißt er
       sich sozusagen am Mantelkragen. Eines aber haben zahlreiche Reaktionen auf
       die Riesaer Affäre erhellt: Es gibt nicht nur in Schwerin, sondern auch in
       Wünsdorf, wo Reichswehr und Rote Armee Hauptquartiere hatten, noch einen
       überlebensgroßen Lenin.
       
       28 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) DDR
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
       
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