# taz.de -- Kommentar Gaucks Islam-Äußerungen: Viel naiver Unsinn
       
       > Gaucks Aussagen zeigen, dass er sich mit der Geschichte des Islam nicht
       > beschäftigt hat. Das größere Problem ist sein Ego, das ihn daran hindert,
       > sich in heiklen Fragen zurückzuhalten.
       
       Schon bei seiner ersten Bewährungsprobe ist Joachim Gauck gleich in zwei
       Fettnäpfchen gestapft, die für ihn bereitstanden. Erst erweckte er auf
       seiner Israel-Reise den Anschein, als rücke er von Kanzlerin Merkel ab, die
       Israels Sicherheit einst zur „Staatsräson“ erklärt hatte, indem er
       unbedarft herumdeutelte, was das wohl bedeuten könnte. Dann setzte er sich
       von seinem Vorgänger ab, indem er von Wulffs Diktum, der Islam gehöre
       inzwischen zu Deutschland, Abstand nahm.
       
       Gauck redet gerne viel, wenn der Tag lang ist – und dabei auch viel naiven
       Unsinn. Wenn er etwa Verständnis äußert für die Frage, wo denn der Islam
       Europa geprägt habe, dann zeigt er, dass Europa für ihn offenbar bereits
       südlich vor Wien endet und er auch vom maurischen Andalusien noch nie
       gehört hat.
       
       Er kennt anscheinend auch weder die 300-jährigen Beziehungen zwischen
       Deutschland und dem Osmanischen Reich noch die Rolle, die der Islam für
       westliche Aufklärer wie Goethe gespielt hat. Und wenn er fragt, wo der
       Islam denn eine Aufklärung oder Reformation habe, dann zeigt er damit nicht
       nur, dass er sich mit dessen Geschichte nicht beschäftigt hat – er gibt
       damit auch noch antiislamische Klischees wieder.
       
       Das Problem dabei ist nicht, dass Gauck von vielen Dingen keine Ahnung hat
       – das ist nur menschlich. Das Problem ist sein Ego, das ihn daran hindert,
       sich in heiklen Fragen zurückzuhalten. Im unbedingten Bestreben, stets eine
       eigene Position zu formulieren und „eigene Worte“ zu finden. Dabei bleibt
       Gauck gerne im Ungefähren.
       
       Seine Einlassungen folgen meist dem Muster des Sowohl-als-auch: Wenn er
       sich äußert, kann man fast sicher sein, dass er kurz darauf fast das
       Gegenteil sagt. Das lässt Raum für Interpretationen. Für einen Prediger mag
       das eine Tugend sein. Für einen Politiker eher nicht.
       
       1 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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