# taz.de -- Binnenkontrollen in der EU: Grenzen dürfen abgedichtet werden
       
       > In Ausnahmefällen dürfen innerhalb der EU wieder Kontrollen an den
       > Grenzen stattfinden, so haben es die EU-Länder einstimmig entschieden.
       > Oppositionspolitiker fürchten um die Reisefreiheit.
       
 (IMG) Bild: Künftig wieder häufiger: Kontrollen an der Grenze.
       
       LUXEMBURG afp | Die EU-Länder haben die Möglichkeit zur Wiedereinführung
       von Grenzkontrollen in Europa beschlossen, wenn sie das Funktionieren des
       Schengen-Raums etwa durch viele Flüchtlinge bedroht sehen. Es habe eine
       „einstimmige Unterstützung“ für die Schengen-Reform gegeben, teilte die
       dänische EU-Ratspräsidentschaft über den Internet-Nachrichtendienst Twitter
       am Donnerstag mit. Grüne und Linke kritisierten die Neuregelung.
       
       Die EU-Länder beschlossen einen neuen Notfall-Mechanismus, nach dem sie für
       insgesamt bis zu zwei Jahre wieder Grenzkontrollen einführen können, wenn
       „außergewöhnliche Umstände das Funktionieren des (Schengen-)Raums insgesamt
       ohne interne Grenzkontrollen gefährden“. Gedacht ist der Mechanismus für
       eine Situation, in der die Schengen-Außengrenze durch eines der
       Mitgliedsländer etwa nicht gegen Flüchtlinge geschützt wird.
       
       Auslöser der Neuregelung waren die Ankunft zahlreiche Flüchtlinge aus
       Nordafrika während des Arabischen Frühlings im vergangenen Jahr sowie die
       Tatsache, dass Griechenland mit der Kontrolle seiner Grenze zur Türkei
       überfordert ist. Nach Angaben der griechischen Regierung kommen jährlich
       150.000 illegale Einwanderer nach Griechenland.
       
       Besonders Deutschland und Frankreich hatten sich dafür stark gemacht, eine
       Neuregelung zu schaffen. „Die Zustände an der griechisch-türkischen Grenze
       zeigen, dass wir hier einen ganz klaren Handlungsmechanismus brauchen im
       Schengen-Raum“, sagte aber auch Österreichs Innenministerin Johanna
       Mikl-Leitner. „Hätten wir diesen Mechanismus vorher schon gehabt, würde es
       vielleicht die Situation, die derzeit in Griechenland besteht, nicht
       geben.“
       
       Damit ein oder mehrere Länder nach der neuen Regelung ihre Grenzen
       schließen wollen, muss die EU-Kommission diese Maßnahme vorschlagen und der
       Rat - also alle EU-Länder – die Grenzkontrollen empfehlen. Ansonsten bleibt
       aber weiterhin der Rückgriff auf die Möglichkeit bestehen, dass ein Land im
       Alleingang bei geplanten und unvorhersehbaren Ereignissen, etwa einer
       Fußball-Europameisterschaft oder einem Terroranschlag, für einen kürzeren
       Zeitraum seine Grenzen schließen kann, wenn es die innere Sicherheit in
       Gefahr sieht.
       
       ## EU-Kommission darf kontrollieren
       
       Die EU-Länder schmetterten die Forderung der EU-Kommission ab, bei der
       Entscheidung über Grenzkontrollen das letzte Wort zu haben. Der neue
       Notfall-Mechanismus dürfe daher nur „letztes Mittel“ sein, sagte
       EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Die EU-Kommission erhält aber eine
       starke Rolle in einem neuen Prüfverfahren, mit dem durch angekündigte sowie
       unangekündigte Kontrollbesuche in den Mitgliedsländern die Anwendung der
       Schengen-Vorschriften überprüft wird.
       
       „Das letzte Entscheidungsrecht bleibt natürlich bei den Mitgliedsstaaten,
       denn wir sind verantwortlich für die Sicherheit unserer Bürger“, sagte
       Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Der Regelung muss auch noch
       das Europaparlament zustimmen.
       
       „Die Reisefreiheit in der EU wird der Paranoia vor schutzsuchenden
       Migranten geopfert“, kritisierte die Linken-Politikerin Ulla Jelpke. Die
       Grünen-Politiker Josef Winkler und Viola von Cramon warnten, dass innerhalb
       der neuen Regelung eine „Korrekturmöglichkeit seitens EU-Kommission oder
       Europäischem Parlament so gut wie nicht möglich“ sei: „Ohne
       Kontrollmöglichkeiten sind nationale Alleingänge zur Aussetzung der
       europäischen Freizügigkeit vorprogrammiert.“
       
       7 Jun 2012
       
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