# taz.de -- Fahrradclub ADFC will strengere Grenzwerte: Kampf gegen Radler im Rausch
       
       > In Münster und anderswo geraten betrunkene Radler ins Visier der Polizei.
       > Der ADFC fordert eine Senkung des Grenzwerts auf 1,1 Promille und deftige
       > Geldbußen.
       
 (IMG) Bild: Nicht zu viel Bier trinken: Der ADFC fordert strengere Alkoholgrenzen für Radfahrer.
       
       BERLIN taz | Wer betrunken ist, sollte nicht mehr Auto fahren – diese
       Erkenntnis ist weit verbreitet und akzeptiert. Anders ist es mit: Wer
       betrunken ist, sollte nicht mehr Fahrrad fahren – diese Erkenntnis ist noch
       nicht immer und überall akzeptiert.
       
       Zwar nimmt die Zahl der alkoholbedingten Unfälle mit Personenschaden seit
       Jahren ab, aber der Anteil derer, die von Radfahrern verursacht werden,
       steigt. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) schlägt vor, die
       Promillegrenzen für Radfahrer zu senken: von derzeit 1,6 auf 1,1.
       
       Bislang gelten Radfahrer ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille
       als „absolut“ fahruntüchtig. Polizei und Verkehrssicherheitsverbände halten
       dies für zu hoch und wollen die Promillegrenzwerte für Fahrradfahrer an die
       für Autofahrer angleichen. Für diese gilt jetzt schon: Ab 0,5 Promille
       müssen sie Bußgeld zahlen.
       
       Diese Forderung hält der ADFC für nicht angemessen; er plädiert für die
       Einführung eines neuen Grenzwerts von 1,1 Promille. Das bedeutet:
       Radfahrer, die mit mehr als 1,1 Promille erwischt werden, müssten ein
       Bußgeld zahlen. Der ADFC-Rechtsreferent Roland Huhn hält dabei die Hälfte
       der für Autofahrer vorgesehenen Buße für angemessen, also 750 Euro.
       
       ## 3.500 Radfahrer sind 2010 unter Alkoholeinfluss verunglückt
       
       Die Auswertung der amtlichen Verkehrsunfallstatistik zeigt laut Huhn, dass
       die Zahl der unter Alkoholeinfluss verunglückten Radfahrer – also Getötete
       und Verletzte – seit 15 Jahren nicht gestiegen ist, obwohl mehr Radler
       unterwegs sind. Seit 2005 ist die Zahl gesunken, und zwar auf knapp 3.500
       im Jahr 2010.
       
       Langfristig ist aber die Zahl der alkoholisierten Pkw-Fahrer bei Unfällen
       mit Personenschaden noch stärker gesunken, nämlich von rund 30.000 auf
       unter 10.000 pro Jahr. Dadurch ist der relative Anteil der Radfahrer an
       sämtlichen Alkoholunfällen erheblich gestiegen. Und in Münster waren
       zuletzt fünf von acht Radlern, die tödlich verunglückten, betrunken.
       
       „Wir müssen den Radfahrern zeigen, dass es auch für sie Grenzen beim
       Alkoholkonsum gibt“, fordert Huhn. Dennoch dürfe man Radler nicht mit
       Autofahrern gleich setzen. Fahrrad zu fahren, sei weniger anspruchsvoll,
       als ein Auto zu führen. Zudem seien Autos für andere Verkehrsteilnehmer
       viel gefährlicher als Fahrräder.
       
       Unterschiedliche Schwellenwerte für Fahrrad und Kraftfahrzeuge seien auch
       deshalb sinnvoll, um nicht die Einstellung zu fördern, bei gleicher
       Sanktion könne man angetrunken bequemer und sicherer mit dem Auto statt mit
       dem Fahrrad fahren. 0,5 Promille für Radfahrer fänden derzeit keine
       gesellschaftliche Mehrheit. Huhn: „Diese Akzeptanz – verstanden als
       Befolgung aus Einsicht – ist aber besonders wichtig bei einem Delikt, das
       schwer zu kontrollieren ist.“
       
       8 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
 (DIR) Richard Rother
       
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