# taz.de -- Die deutsche Abwehr bei der Fußball-EM: Schön war das nicht
       
       > Er ist der Neue: Der Dortmunder Verteidiger Mats Hummels hat großen
       > Anteil daran, dass im Auftaktspiel wenigstens die Defensive hielt. Kritik
       > gibt es trotzdem.
       
 (IMG) Bild: Erst gegen Portugal den Ball flach gehalten, dann vor der Presse: Mats Hummels.
       
       Müde sah Mats Hummels am Tag danach aus, wie jemand, der etwas geleistet
       hat und ziemlich stolz darauf ist. Es war eine wohlige Müdigkeit, die ihm
       in den Gliedern steckte. Der Dortmunder Profi hatte im Auftaktspiel der
       Deutschen gegen Portugal in der Defensive spielen dürfen; Per Mertesacker
       musste ihm weichen.
       
       Bei dieser EM stehen somit die Innenverteidiger Hummels und Holger
       Badstuber in der deutschen Defensive. Es ist ein ungleiches Paar. „Es freut
       mich, dass ich spielen durfte, das kann man sich ja denken“, sagte Hummels,
       der mit dem Team noch in der Nacht von Lemberg nach Danzig ins
       DFB-Teamquartier geflogen war. „Es ist schön zu merken, wenn man gebraucht
       wird.“
       
       Die große Frage vor dem Spiel lautete: Hält die deutsche Deckung? Und siehe
       da: Sie hielt. 1:0 siegte das Team zum EM-Auftakt nach einem Kopfballtor
       von Mario Gomez. Hummels machte eine ziemlich gute Figur in der
       Viererkette. Er wollte sich unbedingt in die erste Elf spielen und
       überzeugen. Er wollte aufsteigen in der Rangordnung der Nationalmannschaft.
       Hummels ist kein Mitläufer.
       
       Der gebürtige Rheinländer will mitbestimmen. Bei Dortmund ist er ein
       Führungsspieler, in der DFB-Elf muss er mit der ungewohnten Situation
       klarkommen, dass andere (noch) vor ihm stehen. Bei der Besetzung der ersten
       Elf geht es auch um die Frage, wie viel Dortmund es sein darf.
       
       ## Hohe und länge Bälle
       
       Neben dem hierarchischen Geplänkel musste sich Hummels auch fußballerisch
       neu justieren. Beim BVB spielt er nicht selten hohe Bälle in die Spitze. Im
       Nationalteam ist das unter Androhung von Strafe verboten.
       
       „Ich muss mich immer noch reinfinden in die Mannschaft, nicht nur
       spielerisch, sondern auch vom Standing“, gab Hummels am Sonntag zu.
       „Deswegen war ich auch ziemlich nervös.“ Gegen Portugal hielt er den Ball
       stets flach, arbeitete an seiner Passquote und entschied sich, als es ihm
       hinten zu langweilig wurde, zu Ausflügen ins Mittelfeld.
       
       „Lange Bälle ist eines meiner Lieblingsthemen“, sagte er, „aber die langen
       Bälle setze ich nur noch sporadisch ein, ich weiß jetzt, wie man im
       Nationalteam spielen muss.“
       
       Auf der Pressekonferenz blieb Hummels betont zurückhaltend. Bloß nicht
       missverstanden werden, bloß nicht wieder als Großmaul dastehen. Denn allzu
       selbstbewusste Statements sorgen nicht nur für eine schlechte Presse,
       sondern kommen auch bei Mitspielern und Trainern nicht so gut an. „Nach nur
       einem Spiel sollte man nicht so viele Schlüsse ziehen“, sagte er also.
       „Nach einem Spiel ist die Geschichte dieser EM noch nicht geschrieben.“
       
       ## "Keine Lust"
       
       Dass die Kritik an seiner Person ihn getroffen hat, konnte man direkt nach
       dem Spiel gegen Portugal sehen. Da rauschte er missmutig an den Schreibern
       vorbei, die auf ihn in der Mixed Zone warteten, brummte irgendwas von
       „keine Lust“ und entschwand. Wäre man nicht selbst beim Sieg des DFB-Teams
       vor 37.000 Zuschauern dabei gewesen, dann hätte man glatt denken können,
       dass Hummels gepatzt hätte.
       
       Hier war aber nicht ein Prüfling im entscheidenden neunzigminütigen Test
       durchgefallen, im Gegenteil, Hummels hatte einen Nachweis seiner Reife
       erbracht. Am Sonntagmittag darauf angesprochen, sagte er: „Das ist meine
       Art, auf die Kritik zu reagieren, ich weiß, das macht nicht jeder so.“
       Sollte wohl heißen: Ich strafe euch, die Presse, mal ab, weil ich mich
       ungerecht behandelt gefühlt habe.
       
       Keine Frage, Mats Hummels, der das Fußballspielen in den Jugendmannschaften
       des FC Bayern gelernt hat, hat das Zeug, sich zu einem der besten
       Innenverteidiger der Welt zu entwickeln. Viele sind vor allem von seiner
       smarten Art angetan, heben lobend hervor, dass er die freie Rede
       beherrscht.
       
       Im Fußballblog „Welt am Sonnabend“ schwärmt der Autor über „die
       majestätisch-erhabene Raumsicherheit des Mats Hummels“, in der Neuen
       Zürcher Zeitung war zu lesen, der 23-Jährige sehe aus wie ein „verträumter
       Pirat“, er lese zudem Bücher und sage Sätze wie: „Die Anforderungen, um im
       Fußball ein Intellektueller zu sein, sind natürlich niedriger als
       anderswo.“
       
       Der selbsternannte Fußballintellektuelle Hummels konnte doch nicht aus
       seiner Haut. Im deutschen Team gebe es keinen Abwehrchef, sagte er. Alle
       seien gleichberechtigt. Das stimmt freilich nicht ganz. Holger Badstuber
       darf innen links verteidigen – eigentlich Hummels’ Lieblingsseite.
       
       10 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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