# taz.de -- Ex-Sprecherin verklagt Stadt Weimar: Zoff im Familienparadies
       
       > Kann man Familie haben und trotzdem für die Stadt Weimar arbeiten? Eine
       > Ex-Sprecherin der Verwaltung klagt, ihr Vertrag sei nicht verlängert
       > worden, weil sie Kinder hat.
       
 (IMG) Bild: Kinder haben und arbeiten: Wie einfach ist das in Weimar?
       
       BERLIN taz | Ist die Stadt Weimar ein familienfreundlicher Arbeitgeber?
       Diese Frage schwingt mit, wenn das Arbeitsgericht Erfurt an diesem Dienstag
       das Aktenzeichen 8 Ca 636/12 behandelt.
       
       Dahinter verbirgt sich die Klage von Katrin C. gegen ihren ehemaligen
       Arbeitgeber, die Stadt Weimar. Die 36-jährige Journalistin klagt auf
       „Weiterarbeit“, unter anderem mit der Begründung, dass „die
       Nichtweiterbeschäftigung (…) gegen das Verbot der Ungleichbehandlung wegen
       des Geschlechts verstößt“.
       
       Katrin C. war im April 2010 für zwei Jahre befristet als
       Internetredakteurin und Mitarbeiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
       der thüringischen Stadt eingestellt worden. Die Mutter zweier Kinder
       arbeitete 30 Stunden in der Woche, unter anderem als Vizepressesprecherin.
       Ihr damaliger Chef soll Katrin C.s Arbeit positiv bewertet und einen Antrag
       auf Weiterbeschäftigung gestellt haben. Dem soll laut Klageschrift auch
       stattgegeben worden sein.
       
       Im September 2011 gab es allerdings einen Wechsel in der Pressestelle,
       neuer Sprecher wurde Ralf Finke. Aber der wollte die Frau nach deren
       Angaben nicht mehr haben und soll einer Verlängerung ihres Arbeitsvertrages
       nicht zugestimmt haben. Das soll er seiner Mitarbeiterin in
       Vier-Augen-Gesprächen mitgeteilt haben.
       
       ## Doppelt peinlich für Weimar
       
       Offizielle Papiere darüber gibt es nicht, Katrin C.s Anwalt bezieht sich in
       der Klage auf das Gedächtnisprotokoll seiner Mandantin. Darin notierte sie
       am 14. November 2011 Finkes angebliche Äußerungen: „Ich werde den Vertrag
       nicht verlängern. Ihre sozialen Rahmenbedingungen erlauben nicht, diese von
       mir gewollte Stelle auszufüllen. Ich wünsche mir einen jungen und
       ungebundenen Stellvertreter, der frisch von der Uni kommt, noch keine
       eigene Familie hat, der für die Sache brennt und immer verfügbar ist.“ „Das
       ist Diskriminierung“, sagt Katrin C. „Weil ich Kinder habe, soll ich nicht
       in der Lage sein, meine Arbeit gut zu machen.“
       
       So sieht das auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Nach unserer
       Einschätzung liegt aufgrund der von Frau C. angegebenen Begründung ein
       Verstoß gegen das AGG vor“, heißt es in einem Schreiben der Behörde in
       Berlin an die Stadt Weimar. Ziel des AGG, des Allgemeinen
       Gleichbehandlungsgesetzes, ist es, niemanden wegen seines Geschlechts zu
       behindern. Die Stadt Weimar weist alle Vorwürfe zurück. Die Klägerin sei
       nicht diskriminiert worden, heißt es einem Schreiben der Stadtverwaltung an
       das Arbeitsgericht Erfurt. Auch Sprecher Finke streitet alle Vorwürfe ab.
       
       Nun geht es in solchen Fällen häufig nicht nur um den verhandelten
       Sachverhalt. Sollte Katrin C. aber Recht bekommen, wäre der Fall doppelt
       peinlich für Weimar. Die Stadt wirbt auf ihrer Homepage mit einer
       „steigenden Geburtenrate und dem Zuzug vieler junger Familien“. Zudem ist
       Oberbürgermeister Stefan Wolf, in dessen Pressestelle Katrin C. arbeitete,
       Mitglied der SPD. Die versteht sich als „Familienpartei“: „Frauen und
       Männer sollen Familienarbeit und Berufstätigkeit partnerschaftlich
       vereinbaren können.“ So jedenfalls steht es im SPD-Leitfaden „Familienland
       Deutschland“.
       
       12 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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