# taz.de -- Ausgangssperre im Norden Nigerias: Auge um Auge, Zahn um Zahn
       
       > Seit den jüngsten islamistischen Anschlägen hat Gewalt zwischen Christen
       > und Muslimen über 80 Tote gefordert. Brennpunkt: die multikulturelle
       > Metropole Kaduna.
       
 (IMG) Bild: Durch Bombenanschlag zerstörte Shalom-Kirche in Kaduna.
       
       COTONOU taz | Niemand verlässt das Haus. Nach einer kurzen Lockerung hat
       Gouverneur Patrick Yakowa am Dienstag wieder eine 24-stündige
       Ausgangssperre für den nordnigerianischen Bundesstaat Kaduna eingeführt.
       
       Damit soll nach den verheerenden Ausschreitungen, die am Sonntag nach den
       Anschlägen der islamistischen Miliz Boko Haram auf drei Kirchen in der
       Stadt Kaduna sowie der Universitätsstadt Zaria begannen und innerhalb von
       drei Tagen über 40 Tote forderten, endlich wieder Ruhe einkehren.
       
       Einigermaßen ruhig ist es am Mittwochmorgen in Kaduna, jener Stadt, die
       einst das Zentrum Nordnigerias war. Doch gerade in jenen Vierteln, wo
       Christen und Muslime zusammenleben, geht die Angst vor einem neuen brutalen
       Gewaltausbruch um, berichten Stadtbewohner.
       
       Imam Sani Isah arbeitet für das Interfaith Mediation Centre, das sich für
       einen Dialog zwischen den Religionen einsetzt und vielfach ausgezeichnet
       wurde.
       
       Als die ersten Nachrichten von den islamistischen Anschlägen und den
       christlichen Gegenangriffen durchsickerten, wurde er in ein eilig
       geschaffenes Komitee des Gouverneurs berufen.
       
       Zwei Nächte schlief er kaum, ständig klingelte sein Handy. „Christen in
       muslimischen Vierteln haben angerufen und von vermeintlichen Angriffen
       berichtet und umgekehrt“, erzählt er. Wenn die Polizei dann ausrückte,
       stellte sich oft heraus, dass es nicht ganz stimmte. „Es wird fürchterlich
       viel geredet.“
       
       Eines will Imam Sani Isah klarstellen: „Es gab hier keine Kämpfe zwischen
       Christen und Muslimen.“
       
       Nachdem der islamistische Selbstmordattentäter versucht hatte, in Kaduna
       eine christliche Kirche in die Luft zu sprengen, hätten Christen Muslime
       angegriffen.
       
       „Viele sind weggelaufen oder haben sich verteidigt. Kämpfe sehen anders
       aus.“ Im Laufe der Tage hat sich das dann spiegelbildlich wiederholt:
       Angreifer seien dann Muslime gewesen.
       
       ## Religiöse Führer einbinden
       
       Dennoch ist Nigerias Regierung beunruhigt. Am Dienstag rief Vizepräsident
       Namadi Sambo zum Krisengipfel in der Hauptstadt Abuja. Um die Gewaltspirale
       zu beenden, soll einmal mehr auf Gespräche gesetzt werden, hieß es.
       Außerdem müssten die religiösen Führer eingebunden werden.
       
       Doch genau das geschieht in Kaduna schon seit vielen Jahren. Die ersten
       blutigen Unruhen erlebte die Stadt bei der Einführung des islamischen
       Scharia-Rechts durch die Provinzregierung im Jahr 2000.
       
       Viele hundert Menschen starben. Seitdem schaffen unzählige nichtstaatliche
       Organisationen und staatliche Komitees nachhaltig Frieden. Trotzdem werfen
       Ausschreitungen den Bundesstaat mit rund 7 Millionen Einwohnern immer
       wieder zurück.
       
       ## „Schwierig zu regieren“
       
       „Kaduna ist etwas Besonderes. Es ist Mini-Nigeria. Alle ethnischen Gruppen
       leben hier. Außerdem sind Christen und Muslime etwa gleich stark“, so der
       Imam. „Nigeria ist extrem schwierig zu regieren. Das Gleiche gilt für
       Kaduna.“
       
       Zu Kämpfen ist es nicht nur in Kaduna gekommen, sondern auch in Damaturu,
       Hauptstadt des Bundesstaats Yobe. Die Stadt war in den vergangenen Monaten
       immer wieder Anschlagsziel von Boko Haram. Jetzt soll auch dort eine
       Ausgangssperre die Gewalt einigermaßen eindämmen.
       
       Bei Kämpfen zwischen Boko Haram und einer Spezialeinheit des Militärs
       sollen auch dort seit Montagabend mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen
       sein.
       
       21 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
       ## TAGS
       
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