# taz.de -- UN-Nachhaltigkeitsgipfel Rio+20: Zukunft, so wird's
       
       > In einigen wenigen Bereichen könnten nach dem Rio+20-Gipfel tatsächlich
       > Änderungen erfolgen. In anderen Punkten wird es wohl noch Jahrzehnte
       > düster aussehen.
       
 (IMG) Bild: Meinungen zum Ausgang der Konferenz auf einer Wäscheleine im Kongresszentrum in Rio de Janeiro.
       
       BERLIN taz | Freie Bahn für die Fischfang- und Holzindustrie. Verlust der
       biologischen Vielfalt. Zunehmende Ausbeutung der Böden. Das Zukunftsbild,
       die Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt zum Ende des Gipfels in
       Rio de Janeiro zeichnen, ist düster.
       
       „Aber es gibt ein paar Perlen“, sagte Christoph Bals, Politischer
       Geschäftsführer von Germanwatch, einer Organisation für globale
       Gerechtigkeit. Da sind einige Bereiche, in denen nach dem Gipfel
       tatsächlich Änderungen folgen könnten. In anderen Punkten wiederum wird es
       in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich düster aussehen.
       
       Einer der Gewinner ist das Unep, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen.
       Es bekommt mehr Geld und auch mehr Macht – zumindest etwas. Bislang ist nur
       ein kleiner Teil seiner Finanzierung fest und planbar, es überwiegen
       verschiedene Zuwendungen, die aber stark schwanken können. In Zukunft soll
       der Anteil der planbaren Finanzierung steigen – eine feste Vereinbarung
       samt Betrag fehlt aber.
       
       ## Messung von Wohlstand
       
       „Das UN-Umweltprogramm kann nun eine stärkere Präsenz in den Ländern
       aufbauen und dafür sorgen, die Umweltpolitik zu stärken“, sagt Martin
       Kaiser von Greenpeace. Dazu zähle beispielsweise, in Ländern, in denen es
       um den Aufbau einer funktionierenden Energieversorgung gehe, direkt auf
       erneuerbare Energien zu setzen. Zur vollwertigen Organisation, wie es sich
       einige gewünscht haben, ist das Unep aber nicht geworden. Das heißt, dass
       innerhalb der Vereinten Nationen auch in Zukunft Umweltinteressen hinter
       anderen Interessen stehen.
       
       Auch für die Messung von Wohlstand stehen Veränderungen an. Bislang gilt
       das Bruttoinlandsprodukt, das den Wert aller innerhalb eines Jahres
       produzierten Waren und Dienstleistungen beziffert, als Maß aller Dinge:
       Steigt es, ist alles gut, fällt es, muss dringend die Wirtschaft
       angekurbelt werden.
       
       Das soll sich ändern. „Es ist das erste Mal international anerkannt worden,
       dass das Bruttosozialprodukt als Wohlstandsindikator nicht ausreicht“,
       sagte Bals von Germanwatch. Denn entscheidende Faktoren kann es gar nicht
       messen: den Zustand der Umwelt beispielsweise, das Vorhandensein sauberen
       Wassers oder fruchtbarer Böden, die Zufriedenheit der Bevölkerung. Hier
       gilt aber, wie bei so vielen der in Rio verhandelten Punkte: Wann und ob
       aus der Übereinkunft auch eine Veränderung folgt, ist unklar.
       
       ## Alles ungewiss
       
       Schlecht sieht es für die Zukunft der Meere aus. Eigentlich wollten die
       Verhandlungspartner sich darüber klarwerden, wie sie ein schon früher
       beschlossenes Programm umsetzen wollen – das haben sie vertagt. Wer welche
       Maßnahmen umsetzen soll, wie viel Geld es wofür gibt, welche Akteure man
       braucht, all das ist ungewiss. Für Kaiser von Greenpeace ein enttäuschendes
       Ergebnis: „Der Schutz der Hohen See wurde vor zwanzig Jahren überhaupt
       nicht geregelt, und jetzt werden die internationalen Gewässer weiter
       geplündert.“ Gleichzeitig gibt es, ebenfalls mangels Einigung, weiter
       Subventionen für fossile Energieträger.
       
       Auf globaler Ebene haben die Staaten also versagt. In Zukunft wird es daher
       wohl mehr Zusammenarbeit auf niedrigerer Ebene geben: Staaten mit ähnlichen
       Interessen schließen sich zusammen, bringen ein Thema vor, schaffen Fakten
       und zeigen, was möglich ist. Gerade in Bereichen, in denen auch einzelne
       Staaten etwas erreichen können, bei der sogenannten Green Economy etwa,
       einer nachhaltigen Wirtschaft, ist das denkbar. Denn anders als bei der
       Bekämpfung des Klimawandels machen sich Anstrengungen dort auch dann
       bemerkbar, wenn nicht alle an einem Strang ziehen.
       
       In Rio haben sie dafür ein neues Wort gefunden: die Vorreitergruppen. Sie
       sind eigentlich eine Reaktion auf das Unvermögen, sich in zahlreichen
       Punkten auf konkrete Ziele zu einigen. Deutschland könnte beispielsweise
       eine Vorreitergruppe zur Energiewende initiieren. Doch die Kehrseite
       bleibt: Ohne Vorreiter keine Veränderung.
       
       22 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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