# taz.de -- Sozialproteste in Israel: Randale statt zweiter Zeltstadt
       
       > Die Polizei will einen Neubeginn der Bewegung vom letzten Jahr verhindern
       > und nimmt 85 Demonstranten vorübergehend fest. Einige distanzieren sich
       > von der Gewalt.
       
 (IMG) Bild: Gewaltsame Übergriffe: Die Verhaftung der Aktivistin Dafni Lief war den Ausschreitungen vorausgegangen.
       
       TEL AVIV taz | Es sollte die Wiederaufnahme der sozialen Proteste werden,
       die im Sommer letzten Jahres hunderttausende Menschen zu stets friedlichen
       Aktionen auf die Straße brachte. Am Samtagabend in Tel Aviv wurden
       Fensterscheiben eingeworfen, Müllcontainer umgestürzt und Straßen
       blockiert.
       
       Die Polizei reagierte mit Faust- und Stockschlägen, Beamte pressten
       Demonstranten mit dem Gesicht auf die Straße und verhafteten 85 Teilnehmer.
       Die meisten waren bis Sonntagnachmittag wieder auf freiem Fuß. Gegen einige
       soll Anklage erhoben werden. Beide Seiten machen sich gegenseitig für die
       Eskalation verantwortlich und räumen gleichzeitig eigene Fehler ein.
       
       „Heute haben sie auch die Demokratie verhaftet“, heißt es auf der
       Facebook-Seite der Partei Hadash. Die antizionistischen Sozialdemokraten
       gehören zu den Veranstaltern der nicht autorisierten Demonstration. Mit von
       der Partie waren auch die Schwulen- und Lesbenorganisationen, deren
       Kundgebung schon eine Stunde früher begann und dann mit dem Sozialprotest
       verschmolz.
       
       Anlass der Protestaktion war die Verhaftung von Dafni Lief am Vorabend. Die
       Filmstudentin, die im vergangenen Jahr mit ihrem Facebook-Aufruf zum
       Protest gegen die steigenden Lebenshaltungskosten den Anstoß für die
       Bewegung gab, war besonders brutal von den Beamten der Polizei und der
       Stadtverwaltung behandelt worden. Mit ihr zusammen kamen zwölf Aktivisten
       kurzfristig hinter Gitter, weil sie Zelte aufgestellt hatten.
       
       ## Verwaltung will Wiederholung der Vorjahresproteste verhindern
       
       Die Stadtverwaltung Tel Avivs, die Hand in Hand mit der Polizei vorging,
       setzte ein klares Signal. Eine Wiederholung der Proteste aus dem Vorjahr
       wird sie nicht zulassen. Eine zweite Zeltstadt darf es nicht geben. „Die
       Regierung und ihre Führer versuchen, den größten sozialen Protest in der
       Geschichte Israels zu delegitimieren“, kommentierte Stav Schaffir, eine
       Mitstreiterin Dafni Liefs.
       
       Schaffir missbilligte auch die Gewalt der Demonstranten und den
       angerichteten Schaden. Die Frustration darüber, dass die Massenproteste ihr
       Ziel bis heute nicht erreicht haben, sei mit Grund dafür. Studentenführer
       Yizik Schmuli, der im letzten Jahr noch Seite an Seite mit Lief und
       Schaffir kämpfte, distanzierte sich deutlicher von der Gewalt der
       Demonstranten: „Für Zerstörung und Gewalt gibt es keine Rechtfertigung.“
       
       Die Studenten, die von Anfang an größere Kompromissbereitschaft
       signalisierten, wollen abwarten, ob die angekündigten Reformen umgesetzt
       werden. Ihnen geht es vor allem um eine gerechtere Verteilung von
       staatsbürgerlichen Pflichten. Aktuell steht die Wehrdienstpflicht für
       Orthodoxe zur Debatte.
       
       24 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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