# taz.de -- Australische Asylpolitik: Schon wieder Flüchtlingsboot gekentert
       
       > Das erneute Kentern eines Bootes innerhalb einer Woche verschärft die
       > Asyldebatte. Das Thema ist hochbrisant, schließlich fürchten die Aussies,
       > von Fremden aus Asien „überrollt“ zu werden.
       
 (IMG) Bild: Die meisten der Flüchtlinge kamen aus Afghanistan.
       
       CANBERRA taz | Der Zeitpunkt hätte passender nicht sein können: während das
       Parlament am Mittwoch in Canberra Maßnahmen gegen Flüchtlinge debattierte,
       kam die Meldung, vor der Weihnachtsinsel sei erneut ein Boot gekentert.
       Laut Premierministerin Julia Gillard war das mit 133 Asylsuchenden beladene
       Boot in Richtung der Insel unterwegs, als es 200 Kilometer vor dem Ziel in
       Seenot geriet.
       
       Zwei Kriegsschiffe und drei Frachter waren an der Rettung von 123
       Schiffbrüchigen beteiligt, unter ihnen viele Frauen und Kinder. Die meisten
       Geretteten sollen aus Afghanistan stammen. Die Weihnachtsinsel liegt im
       Indischen Ozean, rund 300 Kilometer vor der indonesischen und 2.600
       Kilometer vor der australischen Küste.
       
       Die Tragödie ist die zweite in nur einer Woche. Am vergangenen Donnerstag
       war ein Boot mit etwa 200 Flüchtlingen fast an derselben Stelle gekentert.
       Bergungsmannschaften fanden 110 Überlebende und 17 Leichen. Die restlichen
       Opfer bleiben verschollen. Zur Zeit des Untergangs herrschte ein Seegang
       mit bis zu 12 Meter hohen Wellen.
       
       ## Dramen in nicht seetauglichen Booten
       
       Pro Jahr versuchen etwa 4.000 Flüchtlinge, mit Hilfe von Schleppern in kaum
       seetüchtigen Booten von Indonesien oder Sri Lanka aus in australisches
       Hoheitsgebiet zu gelangen. Immer wieder kommt es dabei zu Tragödien. 2001
       starben vor der indonesischen Küste 353 Passagiere eines Flüchtlingsbootes.
       Der Marine werfen Kritiker vor, auf Befehl der damaligen konservativen
       Regierung mit der Rettung Schiffbrüchiger gewartet zu haben, um Nachahmer
       abzuschrecken.
       
       Trotz der geringen Zahl von Asylsuchenden ist das Thema Flüchtlinge in
       Australien seit Jahren politisch hochbrisant. Ein Grund ist eine tief
       verankerte Furcht, Australien könnte von einer „Welle“ von Fremden aus
       Asien „überrollt“ werden. Konservative Kommentatoren argumentieren
       regelmäßig und mit rassistischen Untertönen gegen die Aufnahme von
       Bootsflüchtlingen. Zur Angst vor der „gelben Gefahr“ kommt, dass beide
       führenden Parteien das Thema nutzen, um gegen die andere Seite Stimmung zu
       machen.
       
       ## Kampf dem ideologischen Grabenkampf
       
       Am Mittwoch debattierte eine überparteiliche Kommission, wie der
       ideologische Grabenkampf überwunden werden könne. Der Konservative Mal
       Washer stellte sich direkt gegen Parteiführer Tony Abbott, der einer
       Abschiebung von Flüchtlingen nach Malaysia nur zustimmen will, wenn die
       Regierung die unter Howard ausgegebenen und von Amnesty International
       heftig kritisierten „befristeten Schutzvisa“ für Flüchtlinge wieder
       einführe.
       
       Es gehe nicht an, dass Menschen sterben, nur damit Politiker ihren
       Standpunkt klarmachen können, so Washer, ein Arzt. Ein Kommentator meinte,
       „die Moral der Nation“ stehe auf dem Prüfstand. Im Parlament beschrieb ein
       Abgeordneter unter Tränen, wie im Dezember 2010 ein mit Frauen und Kindern
       beladenes Schiff an der Küste der Weihnachtsinsel zerschellte. Dutzende
       Flüchtlinge kamen dabei ums Leben. „Das Boot war so nah, einem der Kinder
       konnte man vom Ufer aus fast die Hand reichen. Auch dieses Kind ist jetzt
       tot.“
       
       27 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Urs Wälterlin
       
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