# taz.de -- Symposium „Fiktion Okzident“ in Berlin: Marshallplan Mittelmeer
       
       > In Berlin diskutierten Politiker, Wissenschaftler und Künstler auf der
       > Konferenz „Fiktion Okzident“ in Berlin über die deutsch-türkische Kultur.
       > Leider noch nicht genug.
       
 (IMG) Bild: Straßenmusiker in Istanbul: Alle Teilnehmer kennen das Problem, ständig auf Klischees reduziert zu werden.
       
       Links der Esel, rechts die nackte, mit Geld behängte deutsche Frau. Gerahmt
       von zwei Fotografien der Serie „Die nationale Braut“ des türkischen
       Künstlers Sedat Mehder diskutierten Politiker, Wissenschaftler und Künstler
       am Wochenende auf der Konferenz „Fiktion Okzident“ in Berlin über die
       deutsch-türkische Kultur. Welche Projektionen heute, 50 Jahre nach dem
       deutsch-türkischen Anwerbeabkommen, in beiden Kulturkreisen noch immer
       vorhanden sind, wie sie abgebaut werden könnten und wer diese Arbeit
       übernehmen könnte.
       
       Von der von Johannes Odenthal und Çetin Güzelhan kuratierten Ausstellung
       „Fiktion Okzident“, Anlass und Hintergrund für die vom Goethe-Institut, der
       Stiftung Brandenburger Tor und der Akademie der Künste organisierten
       Tagung, haben es nur wenige Werke aus Istanbul nach Berlin geschafft: Neben
       den Fotografien von Mehder sind dies Gemälde von Timur Çelik, eine
       Installation von Ali Kepenek und ein Dokumentarfilm von dem Berliner
       Theaterregisseur Neco Çelik.
       
       Zu dem zweitägigen Symposium sind jedoch auch die Performancekünstlerin
       Nezaket Ekici und der Schriftsteller Zafer Senocak anwesend. Alle kennen
       das Problem, ständig auf die Herkunft ihrer Vorfahren – „diesen
       Türkenkram“, wie Neco Çelik es nennt – reduziert zu werden.
       
       ## Nomaden und Eingeborene
       
       Um solche Fremdzuschreibungen zu überwinden, warten gerade die
       Wissenschaftler mit erstaunlich pragmatischen Vorschlägen auf: Der
       Soziologe Wolf Lepenies, der unter dem Titel „Nomads have become more
       important than natives“ das Niveau der Tagung vorgab, wiederholte seine
       Idee eines Marshallplans für den Mittelmeerraum, und der
       Kulturwissenschaftler Özkan Ezli schlug vor, auf einschüchternde Begriffe
       wie Integration oder Interkulturalität zu verzichten und Kultur eher als
       praktischen Prozess denn als Zustand zu verstehen.
       
       „Wir müssen noch viel miteinander reden“, hatte Grünen-Parteichef Cem
       Özdemir am Abend zuvor bilanziert, und man hätte sich etwas mehr Raum für
       die Diskussionen gewünscht. Denn gerade in den Dialogsituationen sprachen
       die Tagungsteilnehmer die wichtigen Fragen – Identität, Religion, Sex,
       Gewalt, Sprache – am deutlichsten an.
       
       Mehder bezeichnet sich übrigens selbst als Almanci. Das türkische Wort für
       „Deutscher“ spricht er allerdings deutsch aus, sodass klanglich ein Begriff
       entsteht, der sämtliche Vorurteile auf den Punkt bringt: Almonkey. Aber
       erste positive Auswirkungen konnte die Tagung schon bewirken, denn jetzt
       weiß auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters, dass Neco nicht
       Neko heißt.
       
       1 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Catarina von Wedemeyer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Zafer Senocak
       
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