# taz.de -- Triathlet Andreas Raelert: Atemloser Grenzgänger
       
       > Der Rostocker Andreas Raelert ist die stilbildende Größe unter den
       > deutschen Ausdauerdreikämpfern. In Frankfurt will er sich warmlaufen für
       > sein großes Ziel Hawaii.
       
 (IMG) Bild: Zweiter und Dritter war er schon. Es bleibt aber der große Traum von Andreas Raelert, den legendären Ironman-Triathlon auf Hawaii zu gewinnen.
       
       Berührungsängste hat Andreas Raelert keine. Und sein Bruder Michael noch
       weniger. Sonst wären die Rostocker Geschwister, die als „Raelert Brothers“
       eine eigene Firma betreiben, nicht auf die Idee gekommen, am Frankfurter
       Römer anlässlich des Ironman an diesem Wochenende einen Messestand
       inklusive Get-together-Bereich zu betreiben. Der bietet eine umfassende
       Perspektive auf den Triathlon.
       
       Am Freitag haben sich die Raelerts den Fragen der Altersklassenathleten
       gestellt und Autogramme geschrieben, schließlich steht unweit ihrer Lounge
       auch jenes rote Zieltor mit dem Ironman-Label, das nach der Schinderei über
       3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen
       für alle der mehr als 2.500 Teilnehmer die Endstation Sehnsucht bildet – es
       ist der Moment, der für alle Entbehrungen entschädigt.
       
       Wo und wann immer die Raelert-Brüder in der von Tüftlern und Eigenbrötlern
       dominierten Szene auftauchen, fliegen ihnen bewundernde Blicke zu. Und auch
       vor der Ironman-Europameisterschaft am Sonntag (Start 6.45 Uhr/HR)
       fokussieren die beiden die Aufmerksamkeit, obgleich nur der 35-jährige
       Andreas Raelert startet, während der fünf Jahre jüngere Michael den
       profunden Betreuer abgibt.
       
       „Seine Anwesenheit als mentale Stütze ist mir sehr wichtig“, sagt Andreas
       Raelert, der den Wettkampf als entscheidende Wegmarke betrachtet, um den
       legendären Ironman auf Hawaii zu gewinnen. „Frankfurt ist die
       Generalprobe“, sagt einer, dem nur die Krönung in Kona noch versagt
       geblieben ist.
       
       ## Kein Mann für kernige Kommentare
       
       Ansonsten hat der Mann auf der Langdistanz die Bestmarke inne: seine
       7:41:33 Stunden im Vorjahr bei der Konkurrenz-Veranstaltung in Roth sind
       unerreicht. Früher hat sich der zweifache Olympia-Teilnehmer (2000 und
       2004) über die Kurzdistanz verdingt, doch seit seinem Wechsel ins
       Ironman-Segment gilt er als die stilprägende deutsche Größe.
       
       Mag er kein Mann für kernige Kommentare oder gar sportpolitische Parolen
       wie etwa die Kollegen Faris Al-Sultan oder einst Normann Stadler sein, so
       bringt Andreas Raelert doch eine Unverwechselbarkeit ein, die sich aus
       seiner authentischen und unverbrauchten Art speist.
       
       Nicht umsonst hat der asketische Ausdauerathlet (1,84 Meter groß und 70
       Kilo leicht) seinen letzten Testwettkampf in seiner norddeutschen Heimat
       bestritten, wo ihm beim Seepark-Triathlon in Bad Bodenteich ein roter
       Teppich der Bewunderung ausgerollt wurde. „Andreas ist total bodenständig
       geblieben“, sagt seine Lebensgefährtin Julia Böttner, die sich für ihn um
       Marketing und Medienkontakte kümmert.
       
       Während der Bruder Michael euphorisch und emotional reagiert, agiert
       Andreas rational und ruhig – der Ältere gibt das Regulativ in dem innigen
       Bündnis, das noch immer den Traum verfolgt, die Karriere mit einem
       brüderlichen Doppelsieg auf Hawaii zu krönen. „Michael ist physiologisch
       vielleicht sogar deutlich talentierter“, sagt Andreas, „aber er will oft
       zwei Schritte auf einmal machen.“
       
       ## 20 Dopingkontrollen im letzten Jahr
       
       Seine Gedanken kreisen seit Wochen um den Ironman Frankfurt, wo ihn mit dem
       Belgier Marino Vanhoenacker (35) und dem Karlsruher Sebastian Kienle (28)
       harte Konkurrenten erwarten. „Je länger der Wettkampf dauert, desto
       wichtiger wird der Kopf. Das macht am Ende 80 Prozent aus“, glaubt der
       Topfavorit, der sich in Topform gebracht und erstmals mehrere Höhenketten
       im Engadin in der Schweiz in sein Training eingebaut hat.
       
       Dabei erwähnt der atemlose Grenzgänger auch beiläufig, wie oft die
       Dopingkontrolleure ihn aufsuchen: 20 Trainingskontrollen habe es 2011
       gegeben, in diesem Jahr „standen sie morgens vor dem Abflug nach
       Fuerteventura in meiner Tür“. In kaum einer Sportart ist das Training so
       umfangreich wie zeitraubend wie im Triathlon.
       
       Wenn der frühere Hawaii-Sieger Thomas Hellriegel einst von 1.600
       Trainingsnettostunden im Jahr berichtete, wird Raelert am Jahresende
       vermutlich auf abgeleistete 1.000 Kilometer Schwimmen, 19.000 Kilometer
       Radfahren und 5.000 Kilometer Laufen kommen. Und das alles für den einen
       Moment.
       
       8 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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