# taz.de -- FDP-Fraktionsschefin Katja Suding: "Wir wollen regieren"
       
       > Hamburgs Parteien setzen verstärkt auf Kooperation statt Konfrontation.
       > FDP-Fraktionschefin Katja Suding im taz-Interview über die Konsenssucht
       > im Rathaus.
       
 (IMG) Bild: Glaubt an die Zukunft der FDP: Katja Suding.
       
       taz: Frau Suding, welche städtischen Unternehmen würden Sie gerne
       privatisieren, wenn Sie könnten? 
       
       Katja Suding: Für uns steht zunächst im Fokus, unnötige Ausgaben auf den
       Prüfstand zu stellen: Der Verzicht auf Studiengebühren ist falsch, die
       Reduzierung des Personals im öffentlichen Dienst muss ernsthaft angegangen
       werden. Und natürlich gibt es städtische Unternehmen, die sich in
       funktionierenden Märkten bewegen. Und da müssen wir ran.
       
       Welche öffentlichen Aufgaben wollen Sie denn dem freien Spiel der Kräfte
       überlassen? 
       
       In erster Linie Hamburg Energie. Diese Konstruktion unter dem Dach der
       Wasserwerke verstößt nach unserer Ansicht gegen die Landeshaushaltsordnung.
       Da gibt es Quersubventionen zu Lasten anderer Unternehmen und zu Lasten der
       Kunden von Hamburg Wasser.
       
       Sie glauben tatsächlich, dass es in Deutschland und in Hamburg einen
       funktionierenden Energiemarkt gibt? 
       
       Ja, der Energiemarkt für Endverbraucher funktioniert wunderbar. Alle
       Hamburger können zwischen mehr als 100 Anbietern wählen, auch Ökostrom. Das
       ist ein sehr guter Wettbewerb, der keinen weiteren städtischen Anbieter
       benötigt, den die Stadt mit Bürgschaften päppelt.
       
       Mit der Einschätzung eines funktionierenden Wettbewerbs auf dem
       Energiemarkt haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal. 
       
       Das glaube ich nicht. Vor allem andere mittelständische Anbieter sehen auch
       eine Wettbewerbsverzerrung durch Hamburg Energie.
       
       Sehen Sie darin ein weiteres Indiz für den Hang zur Staatswirtschaft, den
       Sie der SPD beim Kauf der Hapag-Lloyd-Anteile unterstellt haben? 
       
       Ja, das ist doch offensichtlich. Der Deal mit Hapag-Lloyd und der Einstieg
       in die Energienetze sind Staatswirtschaft pur! Und das belastet den
       Haushalt mit millionenschweren Zinszahlungen. Dafür soll dann im
       Sozialbereich gekürzt werden.
       
       Der Staat sollte sich aus der Wirtschaft raushalten? 
       
       So grundsätzlich und ausnahmslos kann man das nicht sagen. In diesen beiden
       Fällen aber war das falsch.
       
       In der Bürgerschaft sind seit Jahresbeginn viele Beschlüsse mit breiten
       Mehrheiten oder sogar einstimmig gefasst worden. Gibt es im Rathaus eine
       neue Konsenssucht? 
       
       Es gibt Bereiche, wo es gut ist, wenn das Parlament mit großer Mehrheit
       oder auch mal einstimmig beschließt. Das ist zum Beispiel bei der
       Volksgesetzgebung der Fall oder auch beim Transparenzgesetz. Das sorgt für
       eine große Verlässlichkeit über die nächste Wahl hinaus. Daneben gibt es
       aber natürlich weiterhin viele Themen, die sehr kontrovers sind.
       
       Also Kooperation nur da, wo sie inhaltlich begründbar ist? 
       
       Ja. Dadurch kann man auch als kleine Oppositionspartei Positionen
       einbringen und umsetzen. Bei der Schuldenbremse haben wir gegen die SPD
       mehrere Punkte durchsetzen können, die uns wichtig waren. So gibt es nun
       einen verbindlichen Kurs zum Abbau der Neuverschuldung. Wir vermeiden
       dadurch radikale Streichungsorgien vor dem Greifen der Schuldenbremse. Das
       ist gut für die Stadt.
       
       Ist das auch eine Frage der politischen Hygiene, nicht Opposition um jeden
       Preis zu betreiben? 
       
       Ja. Wir haben von Anfang an angekündigt, Vorschläge des Senats oder der
       SPD-Fraktion zu prüfen und auch zuzustimmen, wenn wir das für richtig
       halten. Wir als FDP machen konstruktive Opposition, keine
       Fundamentalopposition. Bei der Volksgesetzgebung haben wir mitgestimmt,
       haben aber in einem Zusatzantrag die Einführung eines Beteiligungsquorums
       bei Bürgerentscheiden gefordert. Leider konnten wir uns damit gegen die
       anderen Fraktionen und den Verein „Mehr Demokratie“ nicht durchsetzen.
       Dennoch fanden wir den gefundenen Kompromiss im Grundsatz akzeptabel, ohne
       jetzt jeden Spiegelstrich langwierig neu diskutieren zu müssen.
       
       Könnte diese Konsenssucht ein Versuch der SPD sein, die Opposition zu
       spalten? 
       
       Nein, es gibt keine Koalition in der Opposition, die man spalten könnte.
       Die vier Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft von CDU und FDP bis zu
       Grünen und Linken sind so vielfältig und unterschiedlich, da gäbe es nichts
       zu spalten.
       
       Es gibt also im Rathaus keine Einheitsliste, sondern den Versuch,
       Parteiengezänk zu minimieren? 
       
       Wir sind alle gewählt, das Beste für Hamburg zu erreichen. Deshalb gibt es
       eine punktuelle Zusammenarbeit in wichtigen Fragen und nicht Streit um des
       Streites Willen. Das wäre den Bürgern – Stichwort: Politikerverdrossenheit
       – auch nicht vermittelbar.
       
       In zweieinhalb Jahren ist schon wieder Bürgerschaftswahl. Glauben Sie, dass
       bis dahin die FDP wieder vermittelbar sein wird? 
       
       Wie kommen Sie darauf, dass wir das nicht wären? Wir werden auch nach 2015
       wieder mit einer starken FDP-Fraktion in der Bürgerschaft sitzen.
       
       Zurzeit liegt die FDP in Hamburg bei zwei bis drei Prozent. Da haben Sie
       noch viel Arbeit vor sich. 
       
       Bei dieser Umfrage aus dem März hat der negative Bundestrend unsere gute
       Arbeit in Hamburg überlagert. Aber spätestens seit den FDP-Erfolgen im Mai
       in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist der Aufwind deutlich
       spürbar.
       
       In beiden Fällen gab es charismatische Spitzenkandidaten: Wolfgang Kubicki
       und Christian Lindner. Wird die Hamburger FDP bei der nächsten Wahl wieder
       eine charismatische Spitzenkandidatin Katja Suding haben? 
       
       Die Frage stellt sich momentan überhaupt nicht, aber wenn die Partei das
       möchte, werde ich das sehr gerne wieder machen, ja.
       
       Um dann Zweite Bürgermeisterin zu werden, falls die SPD einen
       Koalitionspartner benötigt? 
       
       Wir würden sicherlich, wenn das Wahlergebnis das so hergibt, für Gespräche
       mit der SPD offen sein. Wir wollen regieren, aber nicht um jeden Preis, und
       pflegen gewiss keine Verweigerungshaltung.
       
       Die CDU haben Sie offenbar schon abgeschrieben? 
       
       Bei realistischer Betrachtung sieht es zurzeit nicht nach einer
       schwarz-gelben Mehrheit aus. Wenn doch, würden wir aber selbstverständlich
       auch mit der CDU reden.
       
       Was macht Katja Suding am 1. März 2015? 
       
       Da bereite ich mich auf eine weitere spannende Legislaturperiode in der
       Bürgerschaft vor.
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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