# taz.de -- Kritik am neuen Meldegesetz: Privatwirtschaft kann Daten abgreifen
       
       > Die Opposition fürchtet im neuen Meldegesetz den Ausverkauf des
       > Datenschutzes und kündigt Widerstand an. Denn gegen den Zugriff von
       > Firmen auf ihre Daten können Bürger nur wenig tun.
       
 (IMG) Bild: Hält das Gesetz für „gefährlichen Unsinn“: Sigmar Gabriel.
       
       BERLIN dapd | Datenschützer und Opposition stemmen sich gegen das neue
       Meldegesetz. Hauptkritikpunkt an der vom Bundestag vergangene Woche
       verabschiedeten Neuregelung ist der vorgesehene Zugriff der
       Privatwirtschaft auf staatliche Daten.
       
       „Mal wieder bedient Schwarz-Gelb eine Klientelgruppe und deren
       Profitinteressen und stellt den allgemeinen Daten- und Verbraucherschutz
       hinten an“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Samstag in
       Berlin.
       
       Wer ein solches Gesetz durchgehen lasse, könne nicht ernsthaft – zum
       Beispiel bei Facebook – auf dem Prinzip der Einwilligung zur
       Datenweitergabe bestehen. Nun müssten die Länder im Bundesrat retten, was
       Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) versäumt habe.
       
       Die Kritik entzündet sich an Paragraf 44 des neuen Bundesmeldegesetzes, das
       nach der Föderalismusreform die bisherigen Landes- und Bundesregelungen
       zusammenfasst. Der Paragraf ermöglicht es Adresshändlern, Inkassofirmen
       oder der Werbewirtschaft, umfassend Daten aus den amtlichen Registern
       abzugreifen – nicht nur Namen und Titel, sondern auch Anschriften und
       selbst Geburtstage und frühere Namen sollen nicht tabu sein.
       
       Die Verbraucher können zwar – wie bisher – schriftlich beim Amt Widerspruch
       einlegen. Eine Ausnahmeregelung im neuen Gesetz weicht das
       Widerspruchsrecht allerdings auf: Es gilt nicht, wenn die Informationen nur
       dazu dienen, bereits vorliegende Daten zu bestätigen oder zu korrigieren –
       was regelmäßig der Fall sein dürfte. Dann bleibt nur, direkt beim
       Unternehmen zu widersprechen. Dafür müssen die Bürger erst einmal beim
       Meldeamt in Erfahrung bringen, an wen die Daten überhaupt weitergegeben
       werden.
       
       ## „Kein Vorratsdatenspeicher für Wirtschaft“
       
       Auch die Linke-Innenexpertin Petra Pau kritisierte: „Der Ausverkauf des
       Datenschutzes geht weiter. Und das mit Zustimmung der FDP, die sich selbst
       als freiheitlich und demokratisch rühmt.“
       
       „Das staatliche Melderegister ist kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der
       Wirtschaft“, bekräftigte SPD-Chef Sigmar Gabriel, der das Gesetz bereits am
       Donnerstag „gefährlichen Unsinn“ bezeichnet hatte. Ein Verkauf von
       staatlichen Daten sei nicht akzeptabel, sagte er der Süddeutschen Zeitung.
       
       Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz
       in Schleswig-Holstein, sprach von „gesetzlichem Wahnsinn“. Das neue Recht
       ermögliche „den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten
       in großem Stil“, sagte er dem Blatt. Auch der bayerische
       Datenschutzbeauftragte Thomas Petri bezeichnete den Zugriff auf staatliche
       Daten als „unsäglich“.
       
       Die Länderkammer will im Herbst über die Neuregelung beraten. Der
       Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte am Samstag
       voraus: „Das Melderechtsgesetz wird den Bundesrat so nicht passieren.“
       
       7 Jul 2012
       
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