# taz.de -- Kommentar Energiewende: Huch, Fortschritt kostet
       
       > Warnungen vor einer Kostenexplosion wegen neuer Stromleitungen sind
       > absurd: Denn neue Leitungen sparen sogar Geld. Der Streit sorgt vor allem
       > für Verunsicherung.
       
 (IMG) Bild: Protestler gedenken der 81-jährigen Rentnerin vor dem Engergieunternehmen Gas Natural Fenosa
       
       Rechthaberei und verbissenes Suchen nach Schuldigen haben mal wieder
       Hochkonjunktur. Irgendjemand muss doch verantwortlich sein für die
       steigenden Energiepreise. Die grünäugigen Ideologen der Energiewende? Oder
       doch die raffgierigen Stromanbieter? Nach Solarmodulen sollen nun neue
       Stromleitungen schuld sein an der herbeigeredeten „Kostenexplosion“. Im
       Fall des Stromnetzes ist das besonders absurd.
       
       Denn neue Leitungen sparen sogar Geld. Wenn an der Küste wenig Wind weht,
       kann Solarstrom aus Spanien fließen. Wenn die Niedersachsen nicht wissen,
       wohin mit all dem Windstrom, können die Franzosen Atomkraftwerke drosseln,
       einige vielleicht sogar abschalten. Dafür müssen hierzulande weniger teure
       Stromspeicher oder Kraftwerke gebaut werden.
       
       In Deutschland wird die große Erzählung der Energiewende dagegen immer mehr
       abgelöst von kleinlichen Kostendebatten, die selbst Fachleute kaum noch
       verstehen. Selbstverständlich dürfen die Energiepreise für die Verbraucher
       nicht ausufern. Aber abgehobener Streit über die „Kostenexplosion“ sorgt
       vor allem für eins: Verunsicherung. Die droht zu einem Stillstand zu
       führen, der mit dem Stromnetz selbst solche Technologien behindert, die
       wesentlich mehr Vor- als Nachteile haben.
       
       Was fehlt, ist vor allem Fortschrittsglaube. Jede Technik, die uns das
       Leben erleichtert, kostet nun einmal etwas. Auch zu Beginn des
       Eisenbahnzeitalters hätten die Menschen sagen können: „Ein Schienennetz
       quer durchs Land? Viel zu teuer!“ Würde mehr Begeisterung für neue und
       bessere Technik herrschen, hätten die Teile der Energiewirtschaft, die mit
       dem Hinweis auf die „Kostenexplosion“ den Status quo sichern wollen, viel
       weniger Erfolg.
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuel Berkel
       
       ## TAGS
       
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