# taz.de -- Ermittlungen wegen EnBW-Rückkauf: Späte Rechnung fürs Vetterle
       
       > Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt: Ex-Ministerpräsident Stefan
       > Mappus wird der Untreue beim umstrittenen EnBW-Rückkauf 2010 verdächtigt.
       
 (IMG) Bild: Schluss mit lustig: Stefan Mappus hat anscheinend zu viel bezahlt – viel zu viel.
       
       BERLIN taz | Die Polizei rückte am Mittwochmorgen in Pforzheim und
       Stuttgart an, durchsuchte Haus und Büros des ehemaligen Ministerpräsidenten
       von Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU): Wegen eines der dubiosesten
       Deals zwischen Wirtschaft und Politik der letzten Jahre droht den
       Beteiligten jetzt sogar eine Gefängnisstrafe.
       
       Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue.
       Es geht um die Frage, ob Mappus wissentlich Steuergelder verschwendet hat,
       als er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Dezember 2010 unter völliger
       Geheimhaltung und ohne Wissen des Landtags dem französischen
       Energieversorger EDF dessen Anteile an dem Stromkonzern EnBW abkaufte –
       lediglich drei Monate vor der Landtagswahl, die er dann überraschend gegen
       Grün-Rot verlor.
       
       Der Erwerb der Aktien sei nicht ordnungsgemäß vorbereitet gewesen,
       schreiben die Staatsanwälte jetzt trocken. Sie beziehen sich auf einen
       Bericht des Rechnungshofs des Landes. Der liest sich wie ein kompletter
       Verriss. Der Verkauf sei verfassungswidrig gewesen, urteilte bereits der
       Staatsgerichtshof des Landes, weil Mappus einen Paragrafen zur
       Notbewilligung von Geldern bei unabweisbaren Bedürfnissen für das Land aus
       der Tasche zog, um den Kauf ohne Zustimmung des Landtags finanzieren zu
       können.
       
       Der entscheidende Punkt aber dürfte sein: Mappus hat wahrscheinlich
       schlicht zu viel gezahlt. Er akzeptierte laut Staatsanwaltschaft zum
       Beispiel ohne weitere Verhandlungen eine Erhöhung des Preises pro Aktie von
       40 auf 41,50 Euro.
       
       ## 840 Millionen Euro mehr als der Marktwert
       
       Insgesamt berappte das Land somit 4,7 Milliarden Euro. Das waren mindestens
       840 Millionen Euro mehr als der damalige Marktwert. Zu diesem Ergebnis
       kommt ein am Mittwoch vorgestelltes Gutachten der grün-roten
       Landesregierung, das im aktuellen Ermittlungsverfahren allerdings derzeit
       keine Rolle spielt. Das Land fordert vielmehr Geld von der französischen
       EDF zurück.
       
       Den zweiten Ermittlungspunkt umfasst das, was der Volksmund im Südwesten
       als Vetterleswirtschaft bezeichnet: Mappus beauftragte die Investmentbank
       Morgan Stanley damit, die Vertragsverhandlungen mit EDF zu führen. Gegen
       den in der Zwischenzeit wegen der Affäre beurlaubten Deutschlandchef der
       Bank, Dirk Notheis, wird ebenfalls wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt.
       
       Notheis und Mappus sind Duzfreunde seit ihrer gemeinsamen Zeit bei der
       Jungen Union. Mappus erteilte den Auftrag, ohne vorher über das Honorar
       gesprochen zu haben, und akzeptierte ein paar Tage später ohne weitere
       Verhandlungen die Entlohnung – 0,275 Prozent der Kaufsumme.
       
       ## Intressenskonflikte konnte Mappus nicht erkennen
       
       Das Honorar der Bank stieg also mit dem Preis, den das Land zahlen musste.
       Interessenkonflikte mochte Mappus darin nicht erkennen. Auch nicht darin,
       dass der Chef von Morgan Stanley in Frankreich, René Proglio, der
       Zwillingsbruder des EDF-Chefs, Henri Proglio, ist. Derartige Details sind
       dem Bericht des Rechnungshofs Baden-Württemberg sowie den Protokollen eines
       Untersuchungsausschusses im Landtag zu entnehmen.
       
       Der versucht, Licht ins Dunkel der Affäre zu bringen. Auch die CDU ist dort
       vertreten. Deren Fraktionschef Peter Hauk beteuerte gestern, man bringe ein
       „höchstmögliches Maß an Transparenz“ mit ein. Ein Mitglied des
       CDU-Landesvorstands wurde da schon deutlicher: „In der Partei herrscht
       blankes Entsetzen, was da jetzt ans Licht kommt“, sagte er der taz.
       
       11 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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