# taz.de -- Freiburger Gericht spricht Neonazi frei: Antifa aus Notwehr angefahren
       
       > Neonazi freigesprochen: Florian S. hatte einen Freiburger Antifaschisten
       > angefahren und dabei schwer verletzt. Der Neonazi habe aus Notwehr
       > gehandelt, urteilte das Gericht.
       
 (IMG) Bild: Im Kaiserstuhl bei Freiburg sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht.
       
       FREIBURG taz | Das Landgericht Freiburg hat den Kopf der Neonazigruppe
       „Freie Kräfte Ortenau“ und erfolglosen NPD-Landtagskandidaten Florian S.
       vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Der 29-Jährige hatte
       im Oktober auf einem Parkplatz am Kaiserstuhl (Südbaden) einen 21 Jahre
       alten Antifaschisten umgefahren und dabei schwer verletzt.
       
       Die Strafkammer des Landgerichts Freiburg unter Vorsitz von Eva
       Kleine-Cosack betonte vor ihrer von Unmut im Saal begleiteten
       Urteilsbegründung, dass es in Deutschland „kein Gesinnungsstrafrecht“ gebe.
       „Justitia ist nicht auf dem rechten Auge blind“, sagte sie. Der Grundsatz
       „in dubio pro reo“ gelte aber auch für Neonazis.
       
       Die Strafkammer sei nach den Worten ihrer Vorsitzenden zwar davon
       überzeugt, dass Florian S., der auf dem Pendlerparkplatz auswärtige Gäste
       für eine Neonazi-Party weiterschleusen sollte, durchaus mit einer
       gefährlichen Situation rechnen konnte. Er sei in Alarmbereitschaft gewesen
       und es sei auch durchaus möglich gewesen, dass er die Situation erfasst und
       in dem Moment, als die Gruppe vermummter Antifaschisten auf ihn zurannte,
       mit voller Absicht in diese hineingefahren sei – und sich dabei der
       Gefährdung von Leib und Leben bewusst war. „Es kann sein, aber das reicht
       nicht, die Kammer ist nicht davon überzeugt“, sagte die Richterin.
       
       Unstrittig sei zudem, dass es dem Angeklagten möglich und auch zuzumuten
       war, sich aus der Parkplatzausfahrt nach rechts zu entfernen, statt frontal
       in die Menschengruppe zu fahren. Auch Flucht sei ein Verteidigungsmittel in
       einer Notwehrsituation. Der Angegriffene habe sich aber in nur einer
       Sekunde entscheiden müssen.
       
       Eine Zeugin und die Staatsschutzbeamten, denen er sich anschließend
       offenbart hat, hätten seine Panik in der bedrohlichen Situation belegt.
       Dass Florian S. wenige Tage zuvor in einer Facebook-Unterhaltung regelrecht
       eine Notwehrsituation herbeigesehnt hatte, um ungestraft einen Linken
       attackieren zu können, nahm das Gericht zur Kenntnis, wertete das aber als
       eine nicht ernst zu nehmende Angeberei unter Gleichgesinnten.
       
       ## Antifas mit unfriedlicher Absicht
       
       Die Verantwortung für den Notwehrexzess des Angeklagten sieht das Gericht
       bei den Antifa-Aktivisten, die in eindeutig unfriedlicher Absicht
       erschienen seien. Das Gericht unterstellte, dass die Angreifer dem aus dem
       Parkplatz herausschießenden Mitsubishi-Colt noch hätten ausweichen können,
       so wie es fast allen auch gelungen war. Auch der beim Aufprall schwer
       Verletzte hätte dazu noch Zeit gehabt, stattdessen sei er wohl absichtlich
       auf das Auto gesprungen, wohl um es zu stoppen. Damit hätte der
       Rechtsextremist nicht rechnen müssen. Alles in allem liege kein
       Tötungsvorsatz vor, auch wenn Fragen blieben, müsse das Gericht im Zweifel
       für den Angeklagten entscheiden.
       
       Staatsanwalt Florian Rink, der eine Freiheitsstrafe wegen versuchten
       Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gefordert hatte, will das
       Urteil zunächst genau prüfen und danach entscheiden, ob er Rechtsmittel
       einlegen wird. „Das Gericht hat eine andere Gewichtung der Argumente
       vorgenommen, ich muss sehen, ob sie plausibel ist“, sagte Rink.
       
       Der Anwalt des geschädigten Nebenklägers kündigte noch im Gerichtssaal
       Revision an. „Die Begründung des Urteils ist abenteuerlich“, sagte
       Rechtsanwalt Jens Janssen. „Das ist ein Freibrief für Neonazis,
       Antifaschisten anzugreifen“, sagte Nebenklägeranwältin Angela Furmaniak.
       Auch sie wird voraussichtlich Revision für ihren Mandanten einlegen. In der
       Freiburger Innenstadt demonstrierten unmittelbar nach der Urteilsverkündung
       Antifaschisten gegen den Freispruch.
       
       12 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heinz Siebold
       
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 (DIR) Schwerpunkt Antifa
       
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