# taz.de -- Debatte um Verfassungsschutzreform: Zahlenspiele um die Agentenbehörde
       
       > Im Bundestag ist man sich einig, dass der Verfassungsschutz nach der
       > Neonazi-Affäre reformbedürftig ist. Wie genau eine Umstrukturierung
       > aussehen soll, ist im Kabinett umstritten.
       
 (IMG) Bild: „Behördenstruktur und Aufgabenverteilung der Verfassungsschutzämter müssen bis in jeden Blickwinkel ausgeleuchtet werden“, sagt die Bundesjustizministerin.
       
       BERLIN dpa | Die Bundesregierung ist sich uneins über die Reform des
       Verfassungsschutzes. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wies am
       Samstag die Forderung von Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger nach einer Verkleinerung des
       Inlandsgeheimdienstes zurück.
       
       „Das ist eine sehr pauschale Forderung, die ich nicht so ganz
       nachvollziehen kann“, sagte der CSU-Politiker zu dem Vorstoß seiner
       FDP-Kollegin. Die Herausforderungen würden eher zunehmen, der
       Verfassungsschutz müsse daher effizienter werden. „Das ist der eigentliche
       Auftrag, es geht nicht um Quantität.“
       
       Leutheusser-Schnarrenberger hatte zuvor die Zusammenlegung von
       Verfassungsschutzämtern und die Verkleinerung des Aufgabenspektrums
       gefordert. Derzeit gibt es ein Bundesamt und 16 Landesämter für
       Verfassungsschutz.
       
       „Die Zahl der Behörden muss deutlich reduziert werden“, sagte die
       Ministerin dem Tagesspiegel. Außerdem müsse sich der Geheimdienst auf die
       wenigen Aufgaben konzentrieren, bei denen wirklich eine Gefahr für die
       Grundordnung drohe. „Behördenstruktur und Aufgabenverteilung der
       Verfassungsschutzämter müssen bis in jeden Blickwinkel ausgeleuchtet
       werden.“ Gleichzeitig sei zu vermeiden, dass die Polizei schleichend die
       Aufgaben des Verfassungsschutzes übernehme. „Das Trennungsgebot ist für die
       FDP unverzichtbar.“
       
       ## Bessere parlamentarische Kontrolle
       
       Über eine Geheimdienst-Reform wurde bereits vor den Ermittlungspannen im
       Zusammenhang mit den Neonazi-Morden diskutiert. Nun hat die Debatte aber
       deutlich an Fahrt gewonnen. Die SPD-Innenminister wollen durch mehr
       Transparenz und bessere parlamentarische Kontrolle das geschwundene
       Vertrauen der Bevölkerung in den Verfassungsschutz zurückgewinnen.
       
       Notwendig sei ein breiter politischer Dialog, um tragfähige Konzepte zu
       entwickeln, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger. Er
       hat zusammen mit den anderen SPD-Ministern ein Positionspapier erarbeitet,
       in dem unter anderem eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern
       sowie eine zentrale Bündelung von Informationen gefordert wird.
       
       Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte, einen großen Teil
       des Personals bei den Verfassungsschutzämtern von Bund und Ländern
       auszutauschen. „Dieser Fisch stinkt nicht nur vom Kopf her“, sagte sie der
       Saarbrücker Zeitung. „In jedem 'Tatort' am Sonntagabend wird kreativer und
       umfassender nachgedacht, wer der Täter sein könnte.“
       
       Es gebe unter den Mitarbeitern „Illoyalität gegenüber ihren Vorgesetzten
       und dem Staat“. Es würden aber Menschen benötigt, „die nicht die
       Geheimhaltung, sondern ein demokratisches Verständnis pflegen“.
       
       ## „Stück aus dem Tollhaus“
       
       Der Zentralrat der Juden verlangte angesichts der Ermittlungspannen
       ebenfalls Reformen beim Verfassungsschutz. „Das sind vertrauenszerstörende
       Verhältnisse“, sagte sein Präsident Dieter Graumann der Rheinischen Post
       über die bekanntgewordene Aktenvernichtung.
       
       Der Umgang mit Akten nach dem Motto „Gesucht – gefunden – geschreddert“ sei
       ein „Stück aus dem Tollhaus“. Auch Graumann stellte infrage, dass wirklich
       jedes Bundesland ein eigenes Verfassungsschutzamt braucht, wenn diese nicht
       untereinander und schon gar nicht mit dem Bund kommunizierten.
       
       Unterdessen bestritt der sächsische Landes-Verfassungsschutz
       Medienspekulationen, dass auch in dieser Behörde Akten vernichtet wurden,
       die im Zusammenhang mit der Neonazi-Terrorzelle NSU stehen.
       
       14 Jul 2012
       
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