# taz.de -- Gesetzesnovelle im polnischen Parlament: Sechs Tage vorher ankündigen
       
       > Präsident und Parlament streben an, die Verfassungsrechte der Bürger
       > einzuschränken. Damit sich die Polizei besser gegen Ausschreitungen
       > wappnen kann.
       
 (IMG) Bild: Auf sie will man sich besser vorbereiten: Rechtsextreme am Unabhängigkeitstag im November 2011 in Warschau.
       
       WARSCHAU taz | Polens Parlament will die Versammlungsfreiheit einschränken.
       Der Sejm, das polnische Abgeordnetenhaus, hat das Gesetz bereits mit den
       Stimmen der liberal-konservativen Bürgerplattform (PO) durchgewunken. Nun
       muss noch die zweite Kammer, der Senat, zustimmen. Es ist bereits die
       zweite Gesetzesnovelle, die auf Initiative von Präsident Bronislaw
       Komorowski Bürgerrechte einschränken soll. Angeblich geschieht dies „zum
       Schutz“ der Bürger selbst. Diese aber protestieren lautstark.
       
       Schon das erste Gesetz, das Komorowski als neu gewählter Präsident auf den
       Weg gebracht hatte, war auf heftigen Widerspruch gestoßen. Minister,
       Bürgermeister und andere Amtsvorsteher müssen heute keine Auskunft mehr
       darüber geben, aufgrund wessen Expertise sie eine Entscheidung treffen.
       Umweltschützer hatten zuvor moniert, dass die angeblichen
       „Energie-Experten“, die die Regierung zu Rate ziehe, zum größten Teil der
       Kohle- und Atomlobby angehörten und daher nicht als „objektiv“ einzustufen
       seien. Doch Sejm und Senat, in denen die regierende PO mit Premier Donald
       Tusk an der Spitze die Mehrheit stellt, nahmen das Gesetz an.
       
       Nach der Beschränkung der Informationsfreiheit will Präsident Komorowski
       nun die Versammlungsfreiheit einschränken. Demonstrationen müssen demnächst
       sechs Tage vorher angekündigt werden. Dies soll den Behörden Zeit zur
       Überprüfung der Sicherheitslage geben. Anlass waren die gewalttätigen
       Ausschreitungen am Nationalfeiertag im Vorjahr.
       
       Über 30 Nichtregierungsorganisationen mit der Helsinki-Stiftung für
       Menschenrechte als Wortführer protestieren gegen die Gesetzesnovelle mit
       dem Argument, im Zeitalter von Internet und Computer sei es kein Problem,
       schnell an Informationen zu kommen. Zudem sei kein Gericht Polens in der
       Lage, die Nichtgenehmigung einer Demonstration innerhalb von 24 Stunden zu
       überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben. Die Nichtgenehmigung komme somit
       einem Verbot gleich, da eine Demonstration nach dem eigentlich geplanten
       Termin häufig sinnlos sei. Die Gesetzesnovelle berücksichtige zudem
       spontane Demonstrationen überhaupt nicht.
       
       Anders als beim ersten Mal schloss sich der Gesetzgebungsausschuss des
       Senats den Argumenten der NGOs an und empfahl am Donnerstag, die Novelle zu
       verwerfen. Da Mehrheit der Senatoren der regierenden PO angehört, steht zu
       befürchten, dass sie dem Gesetz zustimmt.
       
       20 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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